Hobby-Strategen, deren Nervenkostüm für Starcraft zu lose gestrickt ist und das Schlachtengetümmel etwas ruhiger angehen lassen wollen, haben heutzutage nicht mehr viel Glück. Von vereinzelten Titeln mal abgesehen, hat das klassische RTS seine prominentesten Tage hinter sich. Mit Etherium möchte das Studio Tindalos Interactive diese Nische bedienen und sich natürlich wenn möglich gegenüber der Konkurrenz profilieren. Ob das gelingt, klären wir in folgendem Test.

Etherium Screen 2

Auf der Jagd nach den Space-Eiern
Dafür dass das Universum ein ziemlich großer Ort ist, ist es eigentlich verwunderlich, wie oft sich interstellare Rassen aufgrund irgendeines Rohstoffes in die Haare bekommen, wenn man denn der Science Fiction- und Popkultur Glauben schenken mag. In Etherium ist es natürlich nicht anders. Hier fetzen sich drei unterschiedliche Fraktionen um ein Plot Device namens Etherium, welches natürlich die wertvollste Substanz im All ist und in regelmäßigen Abständen von riesigen Wesen als Eier abgelegt wird.

Eure Aufgabe im Eroberungsmodus, quasi der Singleplayer-Kampagne von Etherium, ist es, selbstverständlich die Kontrolle über eine der drei Rassen zu übernehmen und soviel von dem galaktischen Eidotter an euch zu reißen wie ihr könnt. Auf einer rundenbasierten strategischen Karte plant ihr, welchen Planeten ihr als nächstes überfallen, äh, ich meine rechtmäßig abernten möchtet, und schickt eure Flotten aus. Hier übernehmt ihr übrigens auch das Freischalten von neuen Einheiten und ähnliche administrative Kleinigkeiten. Erwartet allerdings kein neues Civilization: Beyond Earth! Es handelt sich nämlich lediglich um spielerischen Kleister, um die eigentlichen Scharmützel miteinander zu verbinden und strotzt jetzt nicht gerade vor Spieltiefe. Es erfüllt trotzdem seine Aufgabe und verleiht der Kampagne, die sonst nur eine Reihe von Missionen hintereinander gewesen wäre, ein bisschen Pep.

Etherium Screen 1

Streamlining vs Tiefgang
Das eigentlich Gameplay besteht nämlich aus klassischen Real Time Strategy-Gefechten. Ihr beginnt stets mit einer Basis, von der ihr langsam versucht, euch die Map Untertan zu machen. Im Gegensatz zu anderes RTS-Titeln dürft ihr aber nicht frei nach Gutdünken Häuschen bauen. An bestimmten vormarkierten Stellen könnt ihr neue Außenposten erstellen, welche wiederum Platz für neue Erweiterungen bieten. Die Map ist in einzelne Areale aufgeteilt, bei denen gilt: Nur ein Gebäude pro Gebiet. Falls sich in einem von euch so eroberten Gebiet ein Etherium-Blob befindet, könnt und solltet ihr einen Extraktor bauen, denn nur so bekommt ihr den wertvollen Rohstoff, der euch alles im Spiel finanziert. Es gilt also stets eure Stützpunkte zu verteidigen, denn nur dort könnt ihr Einheiten rufen, Etherium sammeln und alles andere erledigen, was man so machen muss, um am Ende den Krieg zu gewinnen. Der Basenbau ist so zwar etwas simpel, aber nicht unbedingt unstrategisch. Denn eure Außenposten haben oftmals nur Platz für eine Erweiterung und dann liegt es an euch zu entscheiden, ob nun ein Forschungszentrum für bessere Einheiten oder eher eine Etherium-Raffinierie für erhöhte Rohstoffproduktion angebracht ist. Liebhaber von detailliertem Basenbau werden hier wahrscheinlich nicht glücklich, aber die geopferte Komplexität schafft strategische Entscheidungen zumindest nicht völlig ab.

Auch bei den Einheiten scheint es, als habe man Wert auf Zugänglichkeit gelegt. Auf Micro-Management wird nämlich angesichts der relativ spärlich eingesetzten Kompanien eher weniger Wert gelegt und flinke Finger sind eher ein nettes Extra als unbedingt nötiger Skill, was den entspannten Hobby-Strategen vielleicht freuen dürfte. Schließlich muss man ja schon genug multitasken um überhaupt am Ball zu bleiben. Es stehen euch relativ viele unterschiedliche virtuelle Zinnsoldaten zur Verfügung und neben Panzern und Infanterie geht die Kriegsführung auch in der Luft weiter. Im Eroberungsmodus müssen die besseren Einheiten leider erst freigespielt werden, und so kommt es, dass man die ersten Matches größtenteils mit langweiligen Standard-Einheiten ausfechten muss.
Die drei Fraktionen bieten euch dabei unterschiedliche Spezialeinheiten an, welche eure Strategie beeinflussen können. Das menschliche Konsortium setzt auf schnelle Einheiten und bietet Panzer mit Tarnfähigkeit, die Intari haben besonders starke Veteranen und das Vektiden-Reich glänzt bei Flugeinheiten und darf pro Gebiet einen zusätzlichen Abwehrturm bauen.

Etherium Screen 3

Eindrücke vom Schlachtfeld
Letztlich setzt aber auch Etherium, was das Kampfgetümmel angeht, auf die alt bewährte Schere-Stein-Papier-Balance und sorgt somit zwar nicht für besonders originelle, dafür aber leicht erlernbare Taktiken. Allerdings ufern die Scharmützel schnell mal in Materialschlachten aus und gerade wenn zwei schwer befestigte Stützpunkte eine Grenze teilen, sind langwierige Stellungkämpfe meist schwer zu verhindern. Allerdings muss man nicht immer auf die Offensive setzen: Neben dem Zerstören des gegnerischen Hauptquartiers kann man auch versuchen Orbitale Artillerie zu produzieren um die gegnerischen Raumschiffe im All unter Beschuss zu nehmen und so die Partie für sich zu entscheiden.

Um das Geschehen noch ein bisschen schmackhafter zu machen, besitzt ihr einige Spezialfähigkeiten, mit denen ihr das Schlachtenglück auf eure Seite ziehen könnt. Mit einem Spionageradar deckt ihr zum Beispiel kurzzeitig einen Teil der Karte auf und mit dem Orbitalschlag bombardiert ihr Gegner in einem kleinen Radius. Diese und andere Fähigkeiten sind eine nette Ergänzung, mit der man manche heikle Situation wieder unter Kontrolle bringen kann.

Grafisch reißt Etherium zwar wahrscheinlich niemanden vom Hocker, macht allerdings auch keine extrem schlechte Figur. Immerhin kann man ziemlich nah heran zoomen und die Mechas der Infanteristen begutachten, auch wenn die Detailfreude sich sicherlich in Grenzen hält. Aber zumindest in Aktion macht der Titel eine gute Figur, denn wenn die Laserschüsse hin und her fliegen und es ordentlich kracht, sieht das Spiel am besten aus.

Etherium Screen 4

Fazit
Etherium schafft es, eine gute Balance zwischen Tiefgang und Zugänglichkeit zu schaffen, indem es an einigen Stellen ordentlich entschlackt ohne jedoch zu sehr zu simplifizieren. Einigen wird das Spiel deshalb zu oberflächlich erscheinen und abgesehen davon gibt es auch noch andere Probleme wie die teils langwierigen Materialschlachten oder die anfänglich fehlende Vielfalt beim Kampagneneinstieg. Trotzdem ist Etherium ein solides und kompetentes RTS für Genre-Einsteiger und jene, die es vielleicht etwas weniger Micro-Management-lastig angehen möchten. Alle anderen spielen einfach weiter Starcraft.

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