Die Fünf Bücher
Der dritte Teil der „The Longest Journey“-Reihe kommt als Episodenpaket auf die Konsolen und führt die Geschichte des Vorgängers „Dreamfall: The Longest Journey“ fort. Der nahtlose Übergang lässt die Erzählung der Protagonistin Zoe Castillo weitergehen und zeigt das Schicksal von Kian Alvane in der Parallelwelt Arcadia. Wie vorher steuert ihr zwei verschiedene Charaktere in verschiedenen Welten. Die nach einem langen Koma erwachte Zoe versucht einen Neuanfang mit ihrem Freund Reza, der vorher verschollen war. Ihre Fähigkeit, in der Traumwelt die reale Umwelt zu beeinflussen, verstrickt sie dabei immer mehr in politische Intrigen. Dabei spielt die Dreammachine, die einen Großteil der Bevölkerung in eine Art Abhängigkeit geführt hat, eine große Rolle.
In Arcadia, einer Parallelwelt, wartet der Azadi Kian Alvane in einem Kerker auf seine Hinrichtung. Wurde er im zweiten Teil als Verräter verurteilt lebt er diese Rolle als Widerstandskämpfer gegen seine eigenen Leute aus. Zusammen mit Rebellen der magischen Völker versucht er die dunklen Machenschaften seines eigenen Volkes zu vereiteln.
Wer bisher nur „Bahnhof“ verstanden hat, erhält durch einen Rückblick und erweiterten Infos im Spiel den Durchblick und vor allem mehr Informationen über die Hintergründe. Im Verlauf des Spiels, das in 5 Episoden aufgeteilt ist, wird noch mehr über die Hintergründe der Traumwelt und den Verflechtungen insgesamt verraten.
Doch leider ist es gerade für Neueinsteiger sehr schwer, den Geschehnissen zu folgen. Einige Dialoge und Handlungen verlangen geradezu das Wissen der Vorgänger, damit sie in das große Ganze passen.
Im Verlauf des Spiels ist die Darstellung der Hauptcharaktere sehr schlüssig. Die gerenderten Figuren Zoe und Kian reagieren, wie man es aufgrund der bisherigen Story erwarten kann. Die Vorgeschichte von Zoe und ihrem Freund beispielsweise schwingt immer mit, während der Konflikt des Azadi Kian ebenfalls immer präsent ist. Aber das macht Dreamfall Chapters wiederum aus. Eure Entscheidungen beeinflussen die weitere Geschichte und lassen euch bspw. an unterschiedlichen Orten mit anderen Charakteren interagieren. Auch, wenn die Hauptgeschichte nicht wirklich veränderbar ist, so könnt ihr mit euren Entscheidungen den entsprechenden Weg bestimmen und zu dem vorbestimmten Ende gelangen. Dies schaffen erfahrene Adventurer in einem guten Tag.
Ein zerplatzter Traum?
Doch genug zur Story. Wer die PC Version von Dreamfall Chapters kennt, weiss auch von den dort vorherschenden Bugs. Die PC Version wurde im Gegensatz zu der Konsolenversion nacheinander in fünf Teilen veröffentlicht. Das von dem Entwicklerteam um Gamedesigner Ragnar Tørnquist angedachte Adventure sollte ursprünglich als fertiger Titel herausgebracht werden. Doch dies wurde im Zuge der Entwicklung verworfen und brachte so auch teilweise ein nicht fertiges Produkt auf den Markt. Mit der Zusammenfassung der Episoden in einem Spiel wurden auch einige der Bugs beseitigt und das Spiel als solches spielbarer gemacht. Ob der damalige Wechsel des Publishers und der Alleingang von Tørnquist mit seiner Kickstarterkampagne ein Grund für das verbuggte Erscheinen war, sei dahingestellt. Trotz der Zeit zwischen der Veröffentlichung der PC Version und der Konsolenversion sind einige Stolpersteine geblieben. Während die Protagonisten mit Liebe zum Detail präsentiert werden versinken Nebencharaktere teilweise in der Versenkung. Gerade zum Ende hin fragt man sich, was mit dem einen oder anderen Charakter passiert ist. Diese Lieblosigkeit wird durch die fehlenden Details in der Optik unterstrichen. Ebenfalls verbesserungswürdig wären die Übergänge zwischen den Szenen und Schauplätzen gewesen. Auch wenn die Zeiten an sich überschaubar sind so anstrengender ist die Häufigkeit in denen sie auftreten.
Die Steuerung von Zoe und Co ist bei den Konsolen wie immer gewöhnungsbedürftig. Gut gelöst wurde zumindest inhaltlich die Auswahl der Dialoge. Hier hört man im Vorfeld oft die Gedanken, bevor man sich dann für eine mehr oder weniger folgenschwere Option entscheidet. Die Rätsel an sich sind nicht extrem schwer. Schwer ist aber die individuelle Herangehensweise an die Lösung. Im Gegensatz zu den üblichen Missionsvorgaben in Adventures, die oft sehr detailliert sind, bekommt man bei Dreamfall Chapters eher einen weiten Rahmen vorgegeben. Dies kann z.b. „Versuche an das Objekt zu kommen“ oder „Finde einen Weg, bei dem du nicht gesehen wirst“. Wie der Spieler das löst kann sehr logisch, aber auch sehr anstrengend sein. Ab und an macht es sich bemerkbar, wenn man zumindest den vorherigen Teil gespielt hat. Dafür wird man bei der Suche mit einem sehr stimmigen Soundtrack belohnt, der die Umgebung der aktuellen Welt sehr gut interpretiert.
Fazit
Eins vorneweg…Dreamfall Chapters ist wirklich hauptsächlich für Kenner der Serie. Neueinsteiger haben es in dem Adventure sehr schwer, alles zu verstehen. Grundsätzlich ist die Story vom dritten Teil sehr verworren und verzwickt und weist einige offene Lücken aus. Gerade bei Nebencharakteren tun sich regelrechte Storylöcher auf. Das Adventure „Life is Strange“, welches im Grunde ähnlich ist, wirkt hierbei besser und aufgeräumter. Auch wenn die Umgebung und der Soundtrack versuchen das Spiel rund zu machen, so ist der Abschluss der Serie nicht zufriedenstellend. So ist Dreamfall Chapter fast ausschliesslich für Spieler der vorherigen Titel gedacht und präsentiert denen ein recht gelungenes Spiel. Neueinsteiger sollten eher auf Alternativen zurückgreifen oder mindestens „Dreamfall: The Longest Journey“ spielen, damit der Spielspaß gewährleistet ist.