Nachdem uns Ubisoft im letzten Abenteuer der Assassin’s Creed Reihe in die Wüste des alten Ägypten versetzt hat, steht mit dem neuesten Ableger die Inselwelt des antiken Griechenlands für uns zur Erkundung offen.

Eine wahrhafte Odyssee

Am Anfang jedes neuen Spiels steht das Erlernen der Steuerung. Oftmals sind das lediglich schnöde Textboxen mit wenig spannendem Spiel dahinter. Das Tutorial von Assassin’s Creed Odyssey hingegen versetzt uns direkt in die bekannte Schlacht bei den Thermopylen. Als niemand geringerem wie König Leonidas von Sparta lernen wir mitten im Getümmel anzugreifen, auszuweichen, kontern und den Einsatz von Spezialmanövern.

Nachdem wir die Perser mehr oder weniger erfolgreich bekämpft haben, geht es zum ersten Mal in der Geschichte der Reihe zur Figurenauswahl. Zwar konnten wir in Assassin’s Creed Syndicate bereits einen weiblichen und männlichen Helden steuern, dabei aber bis auf wenige Ausnahmen frei zwischen ihnen wechseln. Hier ist es nun anders. Auf Leonidas Speer, der als Artefakt mit dem Animus verknüpft wird, finden sich zwei DNA Spuren. Eine gehört zu Alexios, die andere zu Kassandra. Diese Wahl ist endgültig. Vor- oder Nachteile hat keiner der beiden. Sie teilen sich denselben Skilltree und auch NPCs und Story reagieren auf beide Charaktere gleich. Die Auswahl ist also rein optischer Natur und doch eine sehr willkommene Neuerung.

Die Odyssee beginnt ab hier. Die Story hält sich wahrhaft an den Titel und das ist nicht schlecht gemeint. Als Kind musstet ihr von Mutter und Vater todgeglaubt aus Sparta flüchten und wurdet auf einer entfernten Insel von einem nicht ganz so gesetzestreuen Händler großgezogen. Nach und nach entfaltet sich aus dieser Ausgangslage um euch und eure Familie eine Geschichte voller Verrat und Verschwörungen, mitten im Krieg zwischen Sparta und Athen. Damit ihr trotzdem jede Freiheit bei der Erkundung der Welt genießt, hat sich der Protagonist keiner der beiden Seiten verschrieben, sondern verdient seine Drachmen als Söldner für den Höchstbietenden. Dabei gibt es wirklich viel in der großen griechischen Inselwelt zu erkunden. Wer nur der Story folgt und alles andere links liegen lässt, kann diese in etwa 35 Stunden abgeschlossen haben. Bei mir dauerte es allein etwa 20 Stunden, den zweiten Akt zu erreichen und selbst nach 40 Stunden hatte ich gerade einmal die Hälfte der verfügbaren Inseln besucht. Das liegt natürlich ganz an der eigenen Spielweise. Ich kann einfach keine Insel unabgeschlossen verlassen, also jage ich Tiere, erkunde Gräber sowie Festungen und mache hier und dort noch ein paar Nebenquests, langweilig wird es zumindest nie. Denn die Inseln zu erkunden macht riesig viel Spaß. Die kleinen Details um der Welt glaubhaftes Leben einzuhauchen sind wieder überwältigend. Wählt ihr außerdem am Anfang den empfohlenen Erforschungsmodus, werden Ziele nicht mehr automatisch genau auf der Karte markiert. Es ist somit viel Spannender nur eine gewisse Richtung oder ein Areal zu haben, in dem sich die Zielperson befindet. Am Ort angekommen hilft euch jedoch euer allzeit bereiter Adler um von oben Feinde, Schätze und Ziele zu markieren. Mit mehr besuchten Aussichtstürmen verbessert sich dieser auch immer weiter und zeigt später auch die Routen der Feinde für euch an.

Von Insel zu Insel kommen wir dabei mit unserem eigenen Schiff. Dies lässt sich mit Rohstoffen in verschiedenen Kategorien verbessern und auch mit Feinden, die wir bewusstlos schlagen, anstatt sie zu töten und die damit zu uns überwechseln, besetzen. Das erhöht noch einmal zusätzliche Werte. Dabei kehrt auch der Schiffskampf wieder zurück. Mit Pfeil- oder Speersalven beschießt ihr Gegner so lange, bis sie bereit zum Entern sind. Dann noch schnell auf das gegnerische Schiff gesprungen und alle im Kampf auf Deck besiegt, schon gehört die Schatztruhe an Deck euch. Leider ist das Ganze nicht allzu spannend, besonders im Vergleich mit Black Flag ziehen die älteren griechischen Schiffe eindeutig den kürzeren und auch sonst bieten die Fahrten auf dem Meer außer ein paar versunkenen Ruinen nichts. Bei mir stellte es sich schnell ein, dass ich mit dem Schiff nur zur nächsten Insel gefahren bin und es ansonsten nicht weiter beachtet habe.

Langsam wird ein Rollenspiel daraus

Es ist nicht zu übersehen, dass Ubisoft die Reihe immer weiter zu einem Rollenspiel ausbauen möchte. Angefangen bei der aus dem Vorgänger übernommenen großen Waffenauswahl und dem fordernderen Kampfsystem. Jede der Waffenklassen spielt sich durch ihr Moveset anders und erlaubt eine angepasste Spielweise. So sind Kurzschwerter extrem schnell, während Speere den Vorteil der Reichweite haben und Äxte sich zwar langsam schwingen lassen, dafür aber auch ordentlich Schaden austeilen.

Hinzu kommen zum Rollenspiel Assassinen auch noch der Level Ups, ein Skilltree (unterteilt in drei Kategorien), Ausrüstungsteile und die Möglichkeit in Gesprächen zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten wählen zu können. Leider funktioniert das alles noch nicht perfekt für die Ambitionen, mit der Reihe auch Rollenspieler ansprechen zu wollen. Das liegt vor allem an den Gesprächen und der Auswirkung unserer Antworten. Zwar können wir in den Dialogen immer wieder den Handlungsverlauf in die eine oder andere Richtung bestimmen. Was aber insgesamt und besonders am Ende der Geschichte daraus wird, bleibt zu undurchsichtig. Umso frustrierender, da die Geschichte ja einiges an Zeit benötigt und mehrere Enden bietet, kurz noch mal die anderen Ausgänge nachholen ist nicht möglich. Das liegt auch daran, dass Missionen bis zu einem gewissen Grad mit eurem Charakter leveln. Werdet ihr stärker, werden also auch Mission und Gegner schwerer. Das garantiert zwar, dass man nie unterfordert ist, verhindert aber auch ein Machtgefühl, da man mit den Gegnern selten den Boden wischen kann.

Auch beim Krieg zwischen Athen und Sparta stößt man auf inkonsistente Probleme. Die Aufgabe ist immer durch verschiedene Aktionen einen Staat, bzw. den Einfluss der herrschenden Fraktion zu schwächen. Ist dieser Einfluss weit genug gesunken, wird eine Entscheidungsschlacht freigeschalten. Hier können wir uns für weniger Loot der herrschenden Fraktion, die wir gerade selbst geschwächt haben, oder für mehr Loot den Angreifern unsere Unterstützung zusichern. Wer dann gewinnt oder wen wir wann unterstützt haben, ist allen beteiligten schlicht egal, Hauptsache mal wieder eine ordentliche Schlacht. Es winkt lediglich mehr Belohnung, wenn ihr am Ende auf der Siegerseite steht.

Fazit

Die griechische Welt von Assassin’s Creed Odyssey hat mich direkt in ihren Bann gezogen. In keiner Welt der Reihe habe ich mich direkt so heimisch gefühlt und habe sie so gerne erkundet, wie in dieser. Nachdem Origins bereits einige, teilweise längst überfälligen, Neuerungen gebracht hat, setzt Odyssey genau dort an und entwickelt das Ganze gekonnt weiter. Ausrüstung, Charaktere und Story wissen neben den sehr gut geschriebenen Dialogen zu überzeugen. Zwar gibt es noch einige Schwächen in der Ausführung der Rollenspielaspekte, die Richtung in die es sich entwickelt lassen aber schon mal Hoffnung für die Zukunft aufkommen. Dass sich Ubisoft bis zum nächsten Teil wieder Zeit lassen will, stimmt mich ebenso hoffnungsvoll und so lange gibt es mit den sowohl kostenlosen wie auch kostenpflichtigen DLCs zu Odyssey sicher genug zu tun.




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