Was erinnere ich mich gerne an die Zeit der alten Final Fantasy Teile oder auch den Klassikern wie „Secret of Mana“. Nach dem ersten Teil „I Am Setsuna“, einer Neuauflage der Retrospiele, liefert Tokyo RPG Factory zusammen mit Square Enix den Nachfolger „Lost Sphear“. Und das gerade ein Jahr nach dem Launch auf der Nintendo Switch.
Es war einmal…
Die Story an sich beginnt recht klischeehaft. Der faule und verfressene Freund eurer Party sollte einer Aufgabe nachgehen und wird kurze Zeit später vermisst. Also machen sich Kanata und seine Freundin Lumina auf den Weg, um den verlorenen Locke zu finden. Sie sind nicht sonderlich überrascht, als er ihnen erzählt, dass er vor lauter Hunger den Weg zur Alarmglocke nicht geschafft hatte und deshalb ohnmächtig wurde. Doch nun beginnt erst die Geschichte um den geheimnisvollen Kanata und seinen Fähigkeiten. Die ganze Welt und alles was ihm wichtig ist verschwindet und wird in einem weißen Nebel verborgen. Zusammen mit seinen Freunden gilt es, seinen Heimatort Elgarthe und den Rest seiner ihm bekannten Welt zu retten. Ohne großartig viel zu verraten kann man sagen, dass mit Lost Sphear eine recht typische Story mit der ein oder anderen Wendung auf euch wartet. Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und können durchaus etwas Spieltiefe generieren. Dafür müsst ihr euch aber erst einige Zeit durch das Spiel quälen. Der Funke springt leider nicht direkt über, da ihr euch anfangs mit dem ziemlich linearen Aufbau der Spielwelt und der Hauptstory anfreunden müsst. Anfangs beschränkt sich eure Reise auf das vorgegebene Erkunden eurer Umgebung und das Sammeln von mehr oder weniger nützlichen Gegenständen. Nach etwa fünf Stunden Spielzeit nimmt das Spiel endlich den erhofften Kurs und damit auch etwas Fahrt auf.
Kanata, der Hauptcharakter eurer Story, ist ein schwertschwingender Teen mit besonderen Fähigkeiten. In einem Traum bekommt er eine Vision. Diese deutet ihm, dass er nur mit Erinnerungen und Gefühlen den weißen Nebel entfernen und so die Welt wieder retten kann. Eure Reise kann somit beginnen.
Auf in den Kampf – Go Robo!
Was bei einem guten JRPG nicht fehlen darf ist ein ausgeklügeltes Kampfsystem. Zugegebenermaßen ist dieses bei Lost Sphear nicht bahnbrechend. Immerhin gibt es zum Vorgänger einige Verbesserungen. Wie schon von ähnlichen Spielen bekannt beginnen eure Kämpfe, in dem ihr auf Monster trefft. Hierbei müsst ihr diese auch wirklich herausfordern, so dass es keine Zufallskämpfe gibt. Je nach Zusammentreffen erhaltet ihr einen Präventivvorteil oder einen Nachteil, was sich beim Aufbau eures Kampfmeters wiederspiegelt. Hier habt ihr im Vorfeld die Möglichkeit, eure Spielweise einzustellen. Seid ihr eher chillig unterwegs und möchtet euch nicht hetzen lassen, so füllt sich euer ATB und die Aktionen der Gegner werden pausiert, sobald euer ATB voll ist. Liebt ihr den Kick dann könnt ihr die Option wählen, dass eure Kampfhandlungen die der Gegner nicht pausieren. Bei vollem ATB könnt ihr einen Angriff oder einen Skill ausführen oder Gegenstände benutzen. Also interessantes Feature könnt ihr nicht nur euren Gegner auswählen, sondern dabei auch zusätzlich die Position verändern. Gerade bei Distanzangriffen könnt ihr so mehrere Gegner anvisieren. Die möglichen Treffer werden euch dabei angezeigt, so dass ihr eine optimale Position einnehmen könnt. Vor allem in Bosskämpfen ist eine Portion Taktik nötig, da diese im Vergleich zu den normalen Gegnern richtig nervig sein können. Habt ihr einen solchen vor euch kann es schon ein paar Anläufe dauern, bis ihr ihn mit eurer Party gelegt habt. Im Grunde geht alles mit der Zeit einfacher von statten, wenn man die Handhabung drauf hat. Das ebenfalls mögliche „Setsuna-System“ gibt euch die Möglichkeit, eure Angriffe zu verstärken oder kombinierte Skills auszuführen. Hierfür laden sich mit der Zeit drei „Kugeln“ auf, die als Voraussetzung für die Nutzung erforderlich ist. Im späteren Verlauf erhaltet ihr noch Robo-Rüstungen, die zusätzliche Boni mit sich liefern, aber auch für die weitere Erkundung erforderlich sind.
Natürlich gehören zu einem ordentlichen RPG Waffen und Rüstungen, die ihr kaufen und verbessern könnt. Manchmal gibt es sie als Belohnung, aber oft könnt ihr sie bei den Händlern oder in den gut verteilten Geschäften kaufen. Mit den so genannten Spiritnit könnt ihr euren Waffen zusätzliche Fähigkeiten verbessern, die gerade für die Bosse sehr von Vorteil sein können. In Kombination mit der Setsuna-Fähigkeit könnt ihr euch so interessante und leicht taktisch angehauchte Kombinationen basteln. Wie schon gesagt ist es für die Bosse erforderlich, dass ihr gut vorbereitet und ausgerüstet sein. Das Fussvolk, sprich die normalen Gegner, ist eher keine wirkliche Herausforderung. Ein weiteres Element von Lost Sphear ist der Einsatz von Artefakten. Durch diese könnt ihr die Spielwelt etwas modifizieren und dadurch beispielsweise schneller auf der Weltkarte rennen oder Kampfboni erzeugen. Auch hier gibt es die Möglichkeit, verschiedene Artefakte miteinander zu kombinieren.
Wer auf die ganze Kombinatorik so gar keine Lust hat muss diese auch nicht zwangsläufig nutzen. Solltet ihr einige Gegner nicht schaffen, so bleibt euch die Möglichkeit, im einfachen Modus das Spiel zu zocken. Dies deklassiert die Möglichkeiten, die Lost Sphear mit sich bietet, da die Gegner auf „einfach“ wirklich machbar sind. Zusätzlich wurde auch das Speichersystem zum Vorgänger endlich angepasst. Mit der „Schnellspeicherfunktion“ habt ihr einen Slot, in dem ihr jederzeit euren aktuellen Fortschritt speichern könnt. Aber auch die Savepoint sind großzügiger verteilt, als es noch bei „I Am Setsuna“ der Fall war.
Optisch kann Lost Sphear einige Sehenswürdigkeiten bieten. Trotz dem Stil der 90er JRPG sind diese mit der aktuellen Grafik gut in Szene gesetzt. Die Landschaften erscheinen sehr detailreich und hauchen den Pixeln durch verschiedene grafische Effekte Leben ein. Auch musikalisch ist die Stimmung ziemlich passend. Großartige Ausreisser sind dabei leider nicht vorhanden. Es reicht aber für eine ordentliche Untermalung der jeweiligen Szenerie. Wem es gefällt kann sich bei den Kämpfen die japanischen Ansagen einstellen. Leider sind die anderen Dialoge nicht vertont.
Fazit
Tokyo RPG Factory wollte schon mit „I Am Setsuna“ das Ding im Retro JRPG Bereich landen. Aufgrund von verschiedenen Punkten, wie das Speichern oder die seltsame Story, ist daraus nichts geworden. Mit Lost Sphear konnten einige Mängel beseitigt werden, die bei anderen Spielen schon längst nicht mehr genutzt werden. Was doch recht störend beim Spielen aufgefallen ist, war die Story und deren Präsentation. Gäbe es nicht den Vorspulbutton, müsste man wirklich jeden der doch recht langen Dialoge über sich ergehen lassen. Zumal diese im Grunde nur als Lückenfüller dienen und nach zwei Sätzen schon alles gesagt wurde. Auch die Darstellung in den Textboxen hätte man dahingehend verbessern können, dass mehr Zeilen hätten genutzt werden können. So wirkt es einfach nur lästig und stört den Spielfluss. Hier hätte man von der Vorgabe der alten Spiele ruhig abweichen können. Die Story an sich beinhaltet ebenfalls einige seltsame Wendungen oder Erklärungen, die man scheinbar einfach so hinnehmen muss. An anderen Stellen wiederum erfrischen neue Geschehnisse den Erzählfluss und lassen alles wieder auf einem angenehmen Level erscheinen. Die vorkommende Linearität ist im Spielverlauf manchmal so offensichtlich, dass man sich wie in einem Labyrinth ohne Sackgassen vorkommt. Vielleicht hätten hier ein paar bessere Sidequests das Ganze aufgelockert. Wer die Nebenquests auslässt kommt nach etwa 20-30 Stunden zum Ziel. Für ein ordentliches RPG ist das fast schon zu wenig. Dennoch muss man sagen, dass Lost Sphear kein Katastrophentitel ist. Im Gegenteil…es ist ein recht interessantes JRPG, dass nach den bereits beschriebenen anfänglichen „Schwierigkeiten“ interessant und weitestgehend rund wird. Doch in Zeiten einer Neuauflage von Secret of Mana und weiteren hochkarätigen Titeln aus dem Genre wird Lost Sphear eher ein Spiel zur Überbrückung der Wartezeit, als der Kassenschlager schlechthin. Wem der Vorgänger gefallen hatte, wird hier mehr als seinen Spaß haben.