Ein MMO muss im Jahre 2017 mehr als nur Standardkost bieten, um den heiß umkämpften – und nicht weiter wachsenden – Markt noch zu durchdringen. Albion Online behauptet von sich selbst einzigartig zu sein. „Hier kann der Spieler seine eigene Geschichte schreiben“. Doch stimmt das?
Am Anfang jedenfalls sind alle Abenteurer bei Albion gleich, gleich nackt um genau zu sein. Alle Spieler starten mit nichts als ihrer Unterwäsche am Leib und keinerlei Besitztümern. Da die Rahmenhandlung alle Spieler auf der Suche nach einem neuen zu Hause zu Schiffbrüchigen macht, ist dies jedoch durchaus stimmig.
Simplizität wird in Albion Online groß geschrieben. Bereits bei der Charaktererstellung wird ein etwas anderer Weg gegangen. Während dieser Prozess in vielen modernen MMOs einschüchternd komplex sein kann, ist er bei Albion überschaubar. Geschlecht, Haarstil und -farbe sowie die Hautfarbe kann sich der Spieler aussuchen. Das war‘s dann auch schon. Unterschiedliche Rassen wie Elfen, Zwerge usw. gibt es genauso wenig wie ein Klassensystem. Ob wir uns also auf den Kampf, den Handel oder ein Handwerk spezialisieren bleibt uns überlassen.
Es folgt ein sehr kurz gehaltenes Tutorial, in dem wir Grundlegendes lernen. Zum Beispiel wie man Rohstoffe sammelt und diese verarbeitet. Damit stellen wir auch unsere erste Rüstung und unsere erste Waffe her. Beides ist besonders wichtig. Ersteres damit wir nicht mehr ganz so freizügig herumzulaufen. Letztere da sie im Grunde unsere Klasse bestimmt, auch wenn dies bei Albion deutlich freier ist. Doch die Waffe legt fest, was wir können. Entscheiden wir uns zum Beispiel für einen Stab, greifen mit Feuerzaubern an und sind im Grunde ein Magier. Kurz darauf entlässt uns Albion bereits in die Welt hinaus um unsere Geschichte zu schreiben.
Es gibt jedoch weiterhin viel zu lernen im comichaften Fantasyreich von Albion Online. So steht uns noch bevor, in die umfangreiche, spielergetriebene Wirtschaft einzutauchen sowie das PvE und vor allem PvP kennenzulernen. Und dann ist da natürlich noch ein großer verzweigter Baum…
Es ist noch kein Meister vom Schicksalsbrett gefallen.
In klassischer MMO-Manier bietet auch Albion Online auf seinem „Schicksalsbrett“ genannten Skillbaum jede Menge Fertigkeiten die es zu erlernen gilt. Dieses weitläufige Brett mit seiner Fülle an Möglichkeiten erschlägt einen auf den ersten Blick etwas, ist aber auf Grund der großen Freiheit des Spiels unverzichtbar. Die Fähigkeiten werden dabei nicht direkt auf dem Brett ausgewählt, sondern durch das eigene Verhalten bestimmt. Wir suchen uns also nur einen Weg aus. Durch Aktivitäten im Spiel beschreiten wir dann diesen Weg und schalten so Belohnungen wie auch Fertigkeiten frei. Entscheiden wir uns zum Beispiel für ein Leben als Schmied, wird durch das Herstellen der entsprechenden Gegenstände der Pfad auf dem Schicksalsbrett gefüllt. Haben wir eine bestimmte Menge Gegenstände geschmiedet, geht es aufwärts zur nächsten Stufe und wir können noch bessere Rüstungen und Waffen herstellen.
Das Schicksalsbrett gibt also grob die möglichen Richtungen vor, die eingeschlagen werden können. Das ist auch gut, denn Quests gibt es nach dem Tutorial nicht mehr. Die Folge: Ein unermüdlicher Grind für die nächste Stufe setzt ein. Das heimliche Motto von Albion Online: Es ist noch kein Meister vom Schicksalsbrett gefallen. Das kann ganz schön eintönig sein. Allerdings können wir nicht nur einen Weg bestreiten, sondern mehrere und das sogar gleichzeitig. Schlussendlich dürfen wir mit viel Zeit das gesamte Schicksalsbrett freispielen. Immerhin, denn so müssen wir nicht ununterbrochen das Gleiche tun.
Ein Geben und Nehmen
Alles werkeln und Sammeln würde jedoch nichts nützen, wenn wir nicht auch einen Abnehmer für unsere Güter finden würden. Hier kommen unsere Mitspieler zum Zuge, denn: Die gesamte Wirtschaft ist spielerbasiert. Wer also keine Lust auf Sammelei hat, sondern lieber nur Endprodukte wie Waffen oder Rüstung herstellen mag, kauft die Rohstoffe im Auktionshaus. Um die dafür nötige Kohle zu haben, verkaufen wir unsere fertigen Waren fleißig. Auch dafür gibt es das Auktionshaus. Wie immer bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis, gerade die hochwertigeren Produkte und Rohstoffe füllen unser Silberkonto ordentlich auf. Das funktioniert bisher auch erstaunlich gut, es gibt immer reichlich Angebote und die Preise zeigen sich recht stabil.
Auf die Fresse?!
Wem das Sammeln auf Dauer zu langweilig ist, der geht auf sogenannte Expeditionen. Dazu geht man allein oder als Gruppe durch ein Portal in eine Instanz wo es dann den jeweiligen Endgegner zu besiegen gilt. Allerdings sehe diese fast immer gleich aus und die Bosse sind keine allzu große Herausforderung. Hier muss Albion unbedingt mehr Vielfalt nachliefern. Auch die „Höllentore“ genannten Dungeons für kleinere Gruppen sowie Weltenbosse spielen sich aktuell repetitiv und eher langweilig.
Die große Stärke von Albion ist hingegen der PVP-Modus. Oder eher, die vielfältigen Modi.
Zum einen gibt es gewöhnliches PvP in ausgewiesenen Gebieten der offenen Welt.
Dieses ist in drei Zonen unterteilt.
- Gelbe Zonen: Hier ist PVP nur nach aktivieren (flaggen) als PVPler möglich und mit einem Verlust der Haltbarkeit von Gegenständen verbunden. Der Sieger gewinnt Ruhm und einen Silberbetrag äquivalent zum Haltbarkeitsverlust des Verlierers. Es ist möglich zu sehen, wie viele Feinde sich in dem Gebiet aufhalten.
- Rote Zonen: Hier ist PVP nur nach aktivieren (flaggen) als PVPler möglich. Allerdings können dem Verlierer sämtliche mitgeführte Gegenstände abgenommen werden. Es ist möglich zu sehen, wie viele Feinde sich in dem Gebiet aufhalten.
- Schwarze Zonen: Hier kann komplett ohne vorherige Aktivierung PVPt werden. Dem Verlierer können sämtliche mitgeführte Gegenstände abgenommen werden. Es ist nicht möglich zu sehen, wie viele Feinde sich in dem Gebiet aufhalten.
Es gibt also durchaus Hardcore-PVP der alten Schule, nach dem Vorbild von Urgesteinen wie Ultima Online, in Albion Online. Reizvoll. Aber man beachte: Wer hier keine hochstufige Ausrüstung trägt, ist zum ständigen Sterben verdammt. Generell ist das PVP-System durchaus ausgefeilt und man muss sehr darauf achten ob die eigenen Skills auf den jeweiligen Gegner ausgelegt sind.
Hinzu kommt das Gilden-PVP. Hierbei dürfen wir wir uns mit gemeinsam mit unseren Gilden-Brüdern um ganze Territorien streiten. In den „Gilden versus Gilden“ Kämpfen geht es um Gebiete in denen dann Gilden etwa ihre eigenen Siedlungen hochziehen. Diese Massenschlachten bedürfen einer Menge Koordination, sind dafür aber umso lohnenswerter. Wenn das Zusammenspiel im Team stimmt, sind die Schlachten das spassigste was das MMO-Genre jenseits von EVE Online an Massenschlachten zu bieten hat. Denn hier geht es um etwas. Wer wird dieses Gebiet morgen kontrollieren? Die PVP Erlebnisse in der Gilde schweißen außerdem zusammen. Leider ist ein recht hohes Zeitinvestment notwendig um ein Level zu erreichen mit dem man sinnvoll PVP betreiben kann.
Fazit:
Albion Online bringt ein paar gute Ideen mit die Spaß machen. Allen vorran das aus MMOs wie Ultima Online und EVE Online entliehene Hardcore-PVP inklusive Schlachten um Gebiete. Allerdings ist um diesen Content erleben zu können eine ganze Menge Zeitinvestment notwendig. Inklusive monotonem Grinden bis der Arzt kommt um die Hand abzunehmen. Darauf muss man sich einlassen können. Wenn man das kann, bekommt man ein rundes Spiel mit gutem Handels- und Ressourcensystem, einem schicken offenen Klassensystem und einem einfachen, aber ausgefeilten Design. Es gibt viele Beschäftigungsmöglichkeiten wie die Expeditionen, das Crafting, die Weltbosse und eben den PvP-Modus. Allerdings ist beim PVE-Content noch einiges nachzubessern was Vielfalt und Herausforderung angeht. Wer darüber hinwegsehen kann, soll ruhig mal reinschnuppern.