Wer hätte es gedacht? Die Sniper Elite Reihe von Rebellion hat schon deutlich über 10 Jahre auf dem Buckel. Erstmals ließ uns der Entwickler im Jahr 2005 die Wehrmacht jagen. Das anfänglich eher linear ausgerichtete Spiel entwickelte sich mit der Zeit immer mehr in Richtung Open World und feiert mit Teil 4 in dieser Hinsicht auch seinen klaren Höhepunkt, denn in Sachen Level-Design übertrifft der neueste Ableger seine Vorgänger deutlich. Ob es auch in anderen Punkten überzeugen kann, soll der folgende Test klären.

Urlaubsszenario plus WWII-Shooter? Passt.

Nichts Neues bei der Story

Um gleich mit einem Kritikpunkt zu starten: die Story ist relativ vorhersehbar. Es fehlen ihr über weite Strecken größere Momente und Überraschungen. Der Schauplatz ist wieder der 2. Weltkrieg, wir spielen wieder einen Spezialagenten der Alliierten (Karl Fairburne sein Name) und unsere Aufgabe ist es wieder die Nazis im tobenden Kriegsgeschehen zu schwächen. Das kommt einem alles sehr bekannt vor, wenn man den oder die Vorgänger gespielt hat.

Urlaubsreife Kulisse

Zum Glück hat Sniper Elite 4 seine Stärken aber woanders. Hervorzuheben wäre hier die wunderschön designten Umgebungen im sonnigen Italien. Würde nicht gerade der Krieg um uns toben: auf diesen Karten könnte man ohne Weiteres Urlaub machen.

Rebellion setzt diesmal auf große Maps, die mit vielen Details aufwarten und auf denen es unheimlich viel zu tun gibt. Neben langen und umfangreichen Hauptmissionen gibt es Nebenaufgaben, Herausforderungen und Sammelquests, so dass es sich lohnt die Gebiete komplett zu erkunden.

Fahrzeuge haben Schwachstellen. Doch wo sind die in diesem Fall?

Flieg Kugel, flieg

Beim Gameplay gibt sich Rebellion keine Blöße. Das Snipern mit seinen verschiedenen Facetten ist ordentlich umgesetzt und macht Spaß. Die taktische Komponente zieht das Spiel aus einer Mischung aus Beobachten, Markieren und Aktionen, die richtig getimed sein sollten. Letzteres ist in Teil 4 nochmal deutlich wichtiger, denn aufgeschreckte Gegner, schlimmstenfalls in größeren Gruppen, können schnell den Bildschirmtod bedeuten. Diese Art Gameplay ist dann auch eher nichts für ungeduldige Rambos, denn das Auskundschaften von Laufwegen, Schwachpunkten und das Abwarten von z.B. lauten Geräuschen (Flieger), die Schüsse übertönen ist elementar und fühlt sich einfach auch richtig an.

Gut gelungen finde ich die Abstimmung der Schwierigkeitsgrade. Bei Scharfschützen kommt es auf verschiedene Komponenten an, die zusammenspielen müssen. Atmung, Herzschlag, Wind und die verschiede Ballistik der Gewehre sind u.a. zu beachten, wobei das Spiel in den leichteren Einstellungen weitaus gnädiger damit umgeht und somit dem Spieler die Wahl der Herausforderung bietet ohne selbigen unnötig zu frustrieren.
Mit an Bord ist natürlich auch wieder die X-Ray Kamera, die Kugeleinschläge in einer Art Röntgenaufnahme zeigt. Das sieht mitunter spektakulär aus und gibt einem ein ganz anderes Trefferfeedback. Diese Kamera kann auch deaktiviert werden, falls einen die doch recht häufige Frequenz stört. In dem Zug sei auch erwähnt, dass das Spiel ungeschnitten in Deutschland erschienen ist. Evtl. zu zensierende NS-Symbolik gibt es auch in anderen Länderversionen nicht.

Neben der umfangreichen Solokampagne gibt es auch verschiedene Koop und Vs-Modi, so lässt sich die Kampagne klassisch im Koop spielen, auch eine Art Horde-Modus ist am Start.

In der Nahdistanz gilt: besser sein als der Gegner oder rennen.

Rollenspiel light

Wie in Sniper Elite 3 gibt es auch in Teil 4 ein Rangsystem. Durch gewonnene Erfahrungspunkte steigt man im Rang auf und schaltet im Fähigkeitenbaum neue Fertigkeiten und Fähigkeiten frei. Leider sind diese Perks nicht sehr umfangreich (es gibt gerade mal 12 Stück) und leider bringen einige davon nur leicht spürbare Vorteile. Hier darf Rebellion gerne ansetzen und in Teil 5 ein etwas umfangreicheres Rangsystem einbauen.
Richtig gut und motivierend sind allerdings die kleinen Challenges, die jede Waffe mit sich bringt. Für das Erfüllen kleinerer Aufgaben werden hier nämlich neue Boosts und bessere Werte freigeschaltet, die auch direkt im Spiel spürbar sind.

Technisch kein Volltreffer

Getestet wurde das Spiel auf einer PS4 Pro in 4k. Grundsätzlich zaubert die Engine hübsche Landschaften und Umgebungen auf den Bildschirm, aber leider gibt es ein paar Dinge, die das Gesamtbild trügen. Die Framerate schwankt spürbar, es gibt häufig Clippingfehler und ab und an starke Aussetzer des Ragdoll Models bei den Gegnern. Sehr schade, weil es einen immer wieder aus der ansonsten guten Immersion heraus reißt.
Auch in die Übersetzung haben sich noch einige Fehler eingeschlichen, dafür ist die deutsche Sprachausgabe aber ziemlich gut geworden.

Soundtechnisch gibt es wenig zu meckern. Die Waffen klingen nachvollziehbar, die Umgebungseräusche sind passend eingesetzt und die Musik tut ihren Teil zur Inszenierung dazu.

Die X-Ray Kamera geht auch im Nahkampf 😉

Fazit:

Ohne Frage setzt sich Sniper Elite für meinen Geschmack an die Spitze der Reihe. Die tollen Open World Umgebungen, verbunden mit dem eher ruhigen Sniper-Gameplay und der motivierenden Waffen-Upgrade-Mechanik haben mich immer wieder an den Bildschirm gefesselt. Leider hat das Spiel aber gerade in den Bereichen Story und Technik Luft nach oben.

Wer einen taktischen Shooter mit Ausrichtung auf den Scharfschützenteil sucht, kann hier auf jeden Fall zugreifen. Wer lieber durch Level rennt und Schusswechsel an jeder Ecke braucht, sollte sich einen Kauf überlegen oder im nächsten Sale zugreifen.

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