Schon über zwei Jahrzehnte ist es nun her, dass die ersten Pokémon über unsere Gameboybildschirme huschten. Beschränkte sich die damalige Anzahl unserer Lieblingstaschenmonster noch auf die berühmten 150, so sind es 20 Jahre später mit über 800 Exemplaren etliche mehr. Die neuesten Ableger der Serie, genannt Sonne und Mond, welche die mittlerweile siebte Generation von Pokémon-Spielen auf dem Nintendo 3DS repräsentieren, trumpfen mit unzähligen Neuerungen auf. Höchste Zeit, die Editionen mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Aloha auf Alola!
Als Protagonist des Spieles ziehen wir eines Tages in das Inselparadies „Alola“ um, welches mit seinen großteils wohl gebräunten Einwohnern, der traditionellen Kleidung, sowie der Namensgebung einzelner Orte und der musikalischen Untermalung stark an die Inselkette Hawaii erinnert. Der gewohnte Flair kommt dabei aber keinesfalls zu kurz, denn alte Sounds wurden zwar neu abgemischt, weisen aber immer noch den unverwechselbaren Wiedererkennungswert auf.
Grafisch schlägt die siebte Generation ebenfalls neue Wege ein. Wo zuvor Miniaturausgaben der Charaktere in den Regionen agierten, bleibt die Körpergröße nun auch außerhalb der Cutscenes „realistisch“. Die Umgebung erhielt ein komplettes Makeover und Pokémontrainer kann man während des Kampfes nun hinter ihren Monstern bestaunen. Auch sehr süß: Geht unser Trainer durchs hohe Gras, so hebt er die Arme ein wenig an und schreitet vorsichtig durchs Gestrüpp, als wollte er kein Pokémon zertreten. Auch das neue Charakter- und Monsterdesign kann sich (mit ein paar Ausnahmen, wie immer) durchaus sehen lassen. Dabei gibt es auf den Inseln das ein oder andere altbekannte Monster, welches sich durch die Umwelteinflüsse Alolas nicht nur im Aussehen, sondern auch im Typ verändert hat. Ein Beispiel hierfür wäre zum Beispiel Vulpix, allseits bekannt als Feuerpokémon, welches auf den Inseln neuerdings als Eistyp zu finden ist. Wieder eingeführt wurden außerdem die Individualisierung, mit der wir unseren Charakter nach belieben einkleiden, frisieren und schminken können, sowie das so genannte „Pokémobil“, mit dem uns auf Alola massig Reittiere zur Verfügung stehen, die im Spiel erstmals die VMs ersetzen.
Sonne, Mond und Sterne
Neben den verschiedenen Pokémon ist der gravierendste Unterschied zwischen den beiden Editionen die abweichende Tageszeit. Während die Zeit in „Pokémon Sonne“ der unseren gleicht, wandelt „Pokémon Mond“ die Nacht zum Tag. Heißt so viel, wie, die Zeit wurde um 12 Stunden versetzt. Die Tag- und Nachtzeit hat wie immer Einfluss darauf, welche Pokémon wie häufig auftauchen oder in welche Form sich bestimmte Pokémon entwickeln.
Aber nicht nur die Tageszeiten, sondern auch die Story im Allgemeinen steht mehr im Vordergrund als bei den Vorgängern. Mehr Dialoge, mehr tiefgründige Charaktere und mehr zwischenmenschliche Beziehungen untereinander wurden ins Spiel eingeflochten. Auch der neue Pokédex, in dem nun ein Rotom haust, hat seinen eigenen Charakter und steht uns nebst der ursprünglichen Funktion stets mit gutem Rat und als Wegweiser zu Verfügung.
Zeit für ein Duell!
Im Kampf selbst gibt es nun zahlreiche Infos über Attacken und dem aktuellen Status unseres Pokémons. Attackeninformationen können jederzeit eingesehen werden, und falls uns ein gegnerisches Pokemon schon bekannt ist, so wird uns angezeigt, welche Attacken effektiv auf unseren Feind wirken und welche eben nicht. Zudem werden erstmals Statusveränderungen angezeigt. Ein Beispiel: trifft ein Raupy mein Flamiau mit einem Fadenschuss, so sinkt bekanntlich dessen Initiative. Diese kann um bis zu fünf Mal gesenkt werden, was wir nun erstmals in einem Statusfenster anzeigen lassen können, wo sich blaue, nach unten zeigende Pfeile hinter dem entsprechenden Wert finden lassen. Leider wird aber der genaue Wert nach wie vor nicht angezeigt und wir erhalten durch die Pfeile keinerlei genaue Aussage, inwiefern sich der Wert nun von dem des Gegners unterscheidet.
Ohne Grinding könnt ihr in den neuen Editionen übrigens nichts mehr reißen. Kämpfe sind deutlich knackiger wie zuvor und die Fangrate scheint um einiges geringer, als in den Vorgängern zu sein. Wenn man auf das erste Lvl. 5 Pokémon, auf welches man trifft, schon mehr als zehn Pokébälle wirft und dieses dennoch so überhaupt nicht im Ball bleiben mag – und das trotz maximaler Schwächung und schlafendem Ziel – wird einem beim Gedanken an legendäre Pokémon schon mal anders … Wird ein Pokémon gefangen, so können wir es jetzt bei Bedarf direkt im Anschluss gegen eines unserer Teammitglieder tauschen, welches dann an dessen Stelle an den PC gesendet wird. Ebenfalls neu im Kampf sind die „Z-Steine“, welche wir auf unserer Reise finden und mit denen wir einmal pro Kampf mächtige Attacken unserer Begleiter entfesseln können.
Das vom Vorgänger bekannte „Pokémonami“-Feature wird in Sonne und Mond durch die „Poképause“ ersetzt, in der wir unsere Pokémon bürsten, füttern oder streicheln können, um so die Beziehung zu unseren Schützlingen zu verbessern. Ist das Pokemon nach einem Kampf schmutzig geworden oder hat einen Zustand davon getragen, so lässt es sich direkt im Anschluss mit entsprechenden Utensilien schnell säubern oder heilen. Monster, die uns mögen, werden im Kampf öfters ausweichen oder selbst stärkste Attacken überstehen, weshalb es sich lohnt, sich etwas intensiver mit unseren Favoriten zu beschäftigen.
Alles Pika, oder was?
Aber auch wenn es zahlreiche Neuerungen gibt, in einigen Punkten bleibt sich die Serie nach wie vor treu. Wie gewohnt haben wir am Anfang die Qual der Wahl zwischen den drei Starter Pokemon, welche wir im normalen Spielverlauf nicht fangen können. Zur Auswahl stehen diesmal das Pflanzenpokemon „Bauz“, das an einen kleinen Kauz erinnert, eine Feuerkatze namens „Flamiau“, sowie die Wasserrobbe „Robball“.
Nachdem wir unsere Wahl getroffen haben, begeben wir uns auch schon auf „Insel-Wanderschaft“, um der nächste „Inselchampion“ zu werden. Arenen oder gar Orden gibt es dabei allerdings nicht. Wie bitte??? Ja, ihr habt richtig gehört. Arenen gehören der Vergangenheit an und werden durch die sogenannten „Inselprüfungen“ ersetzt, die uns von „Captains“ gestellt werden. Am Ende einer jeden Prüfung wartet ein sogenanntes „Herrscher-Pokemon“, welches nicht nur größer und stärker als seine Artgenossen ist, sondern auch noch nach Belieben Verstärkung herbeirufen kann. Aber nicht nur die Herrscher bedienen sich dieser Hilferufe; auch bei normalen Pokémon kommt es nun des Öfteren vor, das Verstärkung angefordert wird und wir uns mit mehreren Gegnern gleichzeitig messen müssen. Hier kommt es leider schon mal zu Frameeinbrüchen und Rucklern, da die Hardware so langsam aber sicher an ihre Grenzen stößt. Haben wir alle Prüfungen überstanden, gilt es nur noch den „Inselkönig“ zu besiegen, bevor die Reise anschließend weiter zum nächsten Eiland geht. Als Widersacher steht uns außerdem dieses Mal noch das korrupte „Team Skull“ gegenüber, dessen Teammitglieder wohl eine seltsame Hommage an die heutige Jugendkultur darstellen sollen und euch regelmäßig während eurer Prüfungen „dissen“.
Fazit:
Mir persönlich ist das Ganze ein wenig viel Inszenierung. Eine tiefgründigere Story mag ganz nett sein, für einen Pokémonableger brauche ich aber nicht dermaßen viele Cutscenes und Gespräche, sondern Kämpfe! Keine Arenaorden mehr und das ständige Zurückrennen zum letzten Pokécenter schlagen aufs Gemüt. Auch stört mich das viel zu überzogen dargestellte „Team Skull“ – und dann wären da noch das ein oder andere Monsterdesign (Alola-Digdri!), bei dem sich mir regelrecht der Magen umdreht ( Edit Andy: Ich find’s geil, das Alola-Digdri, schönes, voluminöses Haar :D). Aber genug der Nörgelei, nichtsdestotrotz sind die neuen Editionen natürlich wie immer gut gelungene Fortsetzungen der Serie, an denen diesen Winter kein Fan vorbei kommt und jeder Besitzer viele Stunden Spielspaß haben wird. Die Inselprüfungen sind eine willkommene Abwechslung und die liebevoll gestaltete Region wirkt durch die unzähligen süßen Charaktere und Monster so lebendig wie kein Pokémonspiel zuvor. Dank der Reittierfunktion verbraucht das unliebsame VM-Vieh (Name patentiert!) nun endlich keinen wertvollen Platz mehr im Team und mit der erweiterten Charakterindividualisierung darf ich meinen Trainer endlich wieder so anpassen, wie ich es mir vorstelle.