Eine intelligente KI und einen größeren spielerischen Tiefgang hat Konami den Anhängern der Pro Evo Serie versprochen. Auch die taktischen Möglichkeiten und das besondere Ballgefühl sollen bei der 2017er Version im Fokus stehen. Doch wie schaut es mit der Umsetzung aus? Das erste Testspiel zeigte, dass Konami in der Tat unter der Haube geschraubt hat. Direkt merken tut man dies in der Spielgeschwindigkeit, die insgesamt leicht gedrosselt wurde. Schnelle Läufe sind nicht mehr ganz so schnell, was wiederum etwas besseres Spielgefühl vermittelt. Man hat so Zeit, den Ball zu stoppen und kontrolliert zu spielen, bevor man vom Gegner gestört wird. Kombinationen sind damit um einiges besser zu erspielen.
Tiki…Taka…TicTac…Taktik!
Im taktischen Bereich wurde auch einiges geändert. Mit dem Steuerkreuz kann man recht schnell zwischen voreingestellten offensiven oder defensiven Manövern wechseln. Ist das Pressing im Angriff schief gelaufen, kann blitzschnell die Defensive wieder hergestellt werden. Die Vorbelegungen ermöglichen dabei für jeden die passende Spieleinstellung. Ob man nun TikiTaka oder doch lieber extrem defensiv spielt, die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt.
Doch nicht nur der Spielfluss ist mit seiner persönlichen Taktik editierbar. In der neuen Version kann man sogar das Spielverhalten des eigenen Teams bei Freistößen oder Ecken vorgeben. In diesem Punkt hat Konami sein Versprechen gehalten. Neuerungen gibt es auch beim Verhalten der Torwarte. Musste man früher noch Zittern, dass ein normaler Schuss von seinem Keeper gehalten wird wirken die letzten Männer auf dem Feld nun viel entspannter und vor allem kompetenter. Nicht jeder Torwart hat die Stärken eines Manuel Neuer. Ballabpraller oder vertändelte Manöver sind jedoch eher nicht die Regel. Nicht ganz nachvollziehbar sind dafür die Laufwege der Abwehrspieler. Es scheint, dass je nach Stimmung die Abwehrspieler lieber kompliziert zur eigentlich angedachten Position rücken, als dass sie sich zielstrebig zurückfallen lassen und formieren. Nichtsdestotrotz wirken die Spieler intelligenter und rennen nicht stur dem Ball hinterher. Im Gegenteil! Das gegnerische Team passt sich dem eigenen Spielstil an und sorgt entsprechend für eine weitere interessante Komponente im Spielverlauf. Auch die Schiedsrichter reagieren wie ein Schweizer Uhrwerk und man kann sich gut darauf einstellen, was einem nach einem Foul blüht. Die eine oder andere Entscheidung kann dabei auch etwas kleinlich ausfallen. In den Testspielen kam dennoch das Gefühl auf, dass Elfmeter nicht immer vergeben werden. Über solche Entscheidungen kann man sich, wie auch beim richtigen Fußball, streiten. Alles in allem kann man in Punkto Taktik und spielerische Umsetzung definitiv nicht meckern. Bei entsprechender Schwierigkeit kann man so eine Partie Schach auf dem Rasen spielen und nach Herzenslust taktieren.
Das Manko der Pro Evolution Serie ist und bleiben die Lizenzen. Auch, wenn dieses Jahr der FC Barcelona das Maskottchen von PES 2017 ist, so sind andere europäische Vereine eher selten anzutreffen. Für die deutsche Bundesliga haben es der BVB Dortmund, Schalke 04 und Bayer Leverkusen mit originalem Wappen und Trikots geschafft. Den deutschen Meister und Fan Liebling Bayern München findet man indes vergebens. Gerade im Spielmodus Champions League ist es sehr schade, wenn man gegen Fantasie Vereine, wie den MD White (Pendant zu Real Madrid) aufläuft. Immerhin sind die Spieler größtenteils vertreten, was das ewige Lizenzproblem nicht besser macht.
Nur Kreisliga-Fussball?
In der Optik konnte Konami einige Verbesserungen herbeiführen. Der stimmungsvolle Einmarsch der Mannschaften und die Eröffnung vermittelt eine gute Stimmung und zeigt auch liebevolle Details. Die Spieler sind um einiges besser dargestellt, als es noch im Vorgänger war. Die Bewegungsabläufe wirken flüssiger und realistischer. So kann man mitfühlen, wenn nach einer Rempelei die Spieler zu Boden stürzen. Auch Ellenbogenrempler wurden gut umgesetzt. Ab und an erliegen die Zweikämpfe Clippingfehlern und der Kampf wirkt eher wie ein Kuscheln. Dennoch ist alles auf dem Rasen sehr stimmig, was man von dem Rest leider nicht behaupten kann. Die Stadien wirken lieblos und das Publikum könnte auch aus Puppen bestehen. Auch abseits des Spiels fehlt beispielsweise in der Menüführung die Atmosphäre. Zwar weiss man, dass man sich in einem Fußballspiel befindet, es reißt einen jedoch nicht vom Hocker und packt einen in die Fussballwelt.
Die Spielmodi haben sich im Vergleich zum Vorgänger nicht wesentlich verändert. Man kann ein schnelles Spiel oder Turniere spielen. Auch besteht die Möglichkeit, die Karriere seines Spielers zu spielen. „MyClub“ wurde ebenfalls etwas erweitert und bietet nun mehr Möglichkeiten beim Sammeln der Spieler. „FUT“ aus dem Hause EA macht es jedoch um Längen besser.
Im Hintergrund und zwischen den aktiven Phasen erklingen einige ausgewählte Lieder, die teilweise aus dem Radio bekannt sind. Auch wenn die Lieder teilweise Ohrwurmcharakter haben, fiel eine Soundoption beim Testen sehr schnell aus. Die Kommentare von Hansi Küpper und Marco Hagemann konnte man sich bestenfalls eine Spiellänge von 5 Minuten antun. Auch wenn die beiden bei Live Spielen bessere Qualitäten zu Tage bringen, so wirken die Kommentare während dem Spiel wie eine Abfolge von aneinandergereihten Sätzen. Teilweise werden Aktionen kommentiert, die längst vorbei sind.
Fazit:
Jedes Jahr scheiden sich bei den Sportspielen die Geister. Als Fan beider Lager, haben mich in den letzten Jahren die Umsetzungen der FIFA Serie von EA überzeugt. Die für 2017 von Konami versprochenen Innovationen werden bei Pro Evolution Soccer 2017 größtenteils eingehalten. Der Taktikfaktor ist wirklich enorm und man kommt aus den Möglichkeiten, die geboten werden, nicht raus. Das Spielgefühl am Ball ist fast perfekt. Der Spielfluss unterliegt keiner Hektik, sondern ist sehr realistisch und bietet viel Platz für gut ausgeführte Manöver und Spielzüge. Die Verbesserungen in der KI sind ebenfalls deutlich spürbar, auch wenn es vereinzelte Ausreißer gibt. Die fehlenden Lizenzen fallen dieses Jahr besonders auf. Subjektiv gesehen sind es dieses Jahr weniger namenhafte Vereine, als in 2016, obwohl neue ausländische Ligen hinzugewonnen wurden. Im Zuge der Champions-League Lizenz hätte man hier mehr rausholen müssen und zumindest die CL Dauerkandidaten mit einer Lizenz belegen sollen. Hier bleibt FIFA der Platzhirsch. Alles in allem ist PES 2017 für eingefleischte Fans ein Muss. Aber auch FIFA Jünger sollten sich das neue Pro Evo zu Gemüte führen. Eine bessere Umsetzung von taktischen Möglichkeiten wird momentan nur hier geboten.