Nicht-wahrhaben-Wollen
Das ist nicht nur eine weitere Bezeichnung der ersten Phase, sondern auch eine Haltung, die ich während dem Spiel verstärkt einnehme. Wir bewegen unseren Protagonisten aus dem Krankenhaus und begeben uns in den ersten Puzzle-Level. Hier steuern wir mit WASD nach links und rechts, mit den Pfeiltasten beeinflussen wir die Schwerkraft und wir laufen senkrecht an den Wänden. Weichen virtuellen Fallen aus, betätigen Schalter und erleben seine Geschichte. Wichtige Momente werden mit Artworks hervorgehoben und durch einen grandiosen Erzähler belebt. In der Verleugnungsphase kommen beidseitig dunkle Schatten auf uns zu, diese verschlingen uns, wenn wir zu langsam sind. Rote Kugeln an denen wir zerschellen symbolisieren den Zorn und so hat jede Phase spezielle „Gegner“ mit denen wir zu kämpfen haben. Pro Phase warten einige Level auf uns und am Ende steht eine Schlüsselszene. So erleben wir beispielsweise die Hochzeit, wichtige Ereignisse der Kindheit oder im Job noch einmal.
Kompromisslos
Nicht nur das Thema selbst stellt bei genauer Betrachtung die Kompromisslosigkeit schlecht hin dar, sondern auch das Spielprinzip in seiner vollen Schwierigkeit. So sind die ersten Levels noch recht leicht zu lösen, spätestens in der zweiten oder dritten Phase der Trauer durchlebe ich abwechselnd Zorn und Depression. In Between stellt ein verdammt schweres Spiel dar, was keinerlei Fehler verzeiht. Eine kleine falsche Bewegung, eine Unachtsamkeit und es ist um uns geschehen. An dieser Stelle offenbart das Spiel auch ungeschliffene Kanten, denn die Steuerung ist manchmal etwas eigenwillig und beschert durch meine Finger unverschuldete Tode (Anmerkung Andy: Behauptet Patrick immer :D). Nach den ersten 10 Versuchen stellt sich Zorn ein, ich fluche, drücke ESC und will das Spiel beenden. Es muss doch zu schaffen sein. Mit einem kurzen Übergang in die Verhandlungsphase sage ich mir, dass es mir ein besseres Gefühl gibt, wenn ich das Level noch schaffe. Einige garantierte Tode später springe ich in die Depression und verzweifle fast an dem Trial & Error-Prinzip. Durch Checkpoints in der Mitte des Levels werden einige Passagen entschärft – Akzeptanz stellt sich ein.
Akzeptanz
Das Level ist irgendwie geschafft, einziger Lohn ist die Stimme, die sagt: „Noch drei Level bis zur Schlüsselszene“ – schade. In dem Spiel geht es um Tod, Trauer und den Prozess, an sich schon schwer zu bewältigen, aber die Level sind ebenso schwer zu meistern, in meinen Augen etwas zu schwer. Ich würde mich gerne mit der Spielfigur auseinandersetzen, seine Gedanken verarbeiten und mir meine eigenen machen können. Zwar gibt das Spiel die richtigen Impulse dem nachzugehen, verhindert aber eine von mir gewünschte Vertiefung durch bockschwere und frustrierende Levels. Inhalt wäre genüged da und blitzt in Momenten der Resignation meinerseits auf. Doch auch wenn der Erzähler, ein stimmliches Genie und bekannt aus Guild Wars, über Trauer und Verlust sinniert, bin ich gedanklich meistens schon bei den offensichtlichen Spielzügen, an deren Umsetzung ich leider (zu) häufig scheitere.
Fazit
Schlussendlich bleibt auch mir nur die Akzeptanz. Ich akzeptiere, dass es ein lobenswerter Versuch war, ein unglaublich schweres Thema mit einem sehr schweren Spiel zu verbinden. Leider drängen sich frustrierende Tode der Spielfigur vor deren Geschichte. Dem Zorn zum Trotz erwartet uns doch ein friedliches Ende, voller Erfüllung und Trost. Genau aus diesem Grund hinterlässt das Spiel ein komisches Gefühl, voll Nachdenklichkeit und Selbstreflexion, was meiner Meinung nach häufig zu kurz kommt.
Zwar erhält das Spiel keine Wertung im Bereich 1 – 10, das erscheint bei so hartem Tobak auch mehr als trivial, aber Spieler, die sich im doppelten Sinne auf ein schweres Spiel einlassen können und möchten, sollten sich In Between einmal anschauen. Auch wenn die Härte der Story im Videospiel-Genre in dieser Form eher unüblich ist, lohnt sich die Auseinandersetzung mit der Materie.
Update: Xbox One Version
Seit Anfang Juni steht die Xbox One Version im Microsoft Store zum Download bereit. Der perfekte Zeitpunkt, um erneut einen Blick auf gentlymads kleines Meisterwerk „In Between“ zu werfen. Vieles hat sich nicht verändert, was jedoch direkt auffällt: Das Spiel profitiert von der (natürlich optionalen) Wohnzimmeratmosphäre und der etwas intensiveren Darstellung auf einem Fernsehgerät. Das interaktive Intro leitet stimmungsvoll in die tiefe, schwere und auch weiterhin ungewöhnliche Welt des sterbenden Protagonisten ein. An dem recht fordernden Schwierigkeitsgrad hat sich so weit nichts verändert, darauf muss man also weiterhin Lust haben. Spieler mit einer eher geringen Frustrationstoleranz sollten sich den Kauf weiterhin gut überlegen, es ist weder spielerisch noch thematisch einfache Kost. Die auf Konsole obligatorische Controllersteuerung kommt „In Between“ ebenfalls zu Gute. Die Eingabe via Sticks und Buttons fühlt sich etwas direkter und einfacher zu kontrollieren an als die klassische Keyboardsteuerung. Wobei die PC-Version ebenfalls über einen Controller gesteuert werden kann.
Müssten wir eine direkte Empfehlung abgeben: Die Xbox One Version ist von allen bisher getesteten Varianten – PC, Mobile, Konsole – unser Favorit. Die Unterschiede sind jedoch minimal und durchaus etwas geschmäcklerisch. PC-Spieler können die Steine also wieder weglegen. Grundlegend sollte man sich diese Perle jedoch nicht entgehen lassen. (Andreas Herbster)
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