Déjà-vu gefällig, Ratchet…?
Captain Qwark ist absolut bedient. Nicht genug damit, dass sein einst ikonisches Leben wegen des Lombax und seiner Blechbüchse einen erheblichen Knacks erlitt. Man erdreistete sich außerdem noch dazu, einen Kinofilm über die ganze Affäre in die Kinos zu bringen. Höchste Zeit also, dass jemand die wahre Geschichte darstellt – und wer würde sich dafür besser eignen als er selbst: Der Prototyp eines Superhelden. Also schnappt er sich einen Hochsicherheitsgefangenen und glühenden Fan und erzählt die Geschehnisse des PlayStation2-Klassikers aus Ratchet & Clank nach, mit uns als Spielern. Schöner wurde ein Remake meiner Meinung nach selten verpackt. Auf charmante Art und Weise nimmt man sich bei Insomniac Games selbst ein wenig auf die Hörner und leitet ein absolut vorbildliches Remake ein.
…denn das könnte ich mir immer wieder ansehen
Der Titel der nun auf die PlayStation 4 kommt ist also gewissermaßen das Spiel zum Film zum Spiel aus dem Jahre 2002. Doch statt einen angestaubten Titel hie und da etwas aufzufrischen, erweiterte man die bekannten Level an einigen Stellen, wob Sequenzen aus dem Kinofilm ein, baute ein paar Mechaniken und Waffen aus anderen Teilen der Serie ein und schuf ganz nebenbei das wohl hübscheste 3D-Action-Jump ’n‘ Run, das es derzeit zu kaufen gibt. Auch abgesehen von den Cutscenes ist Ratchet & Clank einfach wunderschön. Die Sichtweite ist stellenweise berauschend, die Animationen flüssig und mit Effekten wird zu keinem Zeitpunkt gegeizt – die Nummer 1 in dieser Kategorie sind für mich die Schrauben und Muttern, die als Währung dienen und auf Ratchet zufliegen wenn er sich nähert. Hat man gerade eine Horde Gegner aus der Entfernung zerpflückt und schreitet dahin, um seine Belohnung abzuholen, erwartet den Spieler ein Geldregen aus Hunderten Objekten, die auf den Helden zufliegen – selten war abkassieren schöner.
Fantastisches Arsenal
Großes Gewicht haben in Ratchet & Clank 2016 die Actioneinlagen bekommen. Häufig wird unser feliner Freund direkt mit mehreren Gegnern konfrontiert, der dabei ein überraschen gutes Gunplay offenbart. Wahlweise mit oder ohne Zielhilfe nehmen wir die liebevoll gestalteten und teils skurrilen Gegner aufs Korn und haben dabei die Qual der Wahl. Denn der Mix aus den knapp 20 teils neuen, teils aus vorherigen Serienteilen bekannten Waffen lässt keine Wünsche offen und zeugt wirklich von Kreativität. So hat der Pixelator nicht nur eine ähnliche Streuung und Schadenspotential wie eine Schrotflinte, sondern verwandelt den Gegner darüber hinaus in eine 16-Bit-Variante seiner selbst. Inklusive entsprechendem MIDI-Jingle wenn ihn das zeitliche segnet. Meine Lieblingswaffe ist jedoch mein geliebter Groovitron. Damit lässt sich eine Art Discokugel abfeuern, die einen entsprechenden Song spielt, der alle Gegner in Hörweite unweigerlich tanzen lässt. Dabei hat jeder Gegnertyp seine eigenen Moves drauf. Und auch wenn an anderer Stelle der Humor von Ratchet & Clank für ältere Spieler vielleicht nicht mehr die ganz große Erfüllung ist, wird hier jeder zumindest anerkennend schmunzeln müssen. Einige werden vielleicht gänzlich unvorhergesehen reagieren, den die wenigsten Menschen haben eine Reaktion auf einen Panzer, der auf seinen Ketten einen Moonwalk hinlegt, im Verhaltensrepertoire.
Abwechslung muss sein
Ratchet & Clank ist jedoch kein dumpfes Rumgeballer geworden, denn dafür machen die Erkundung der verschiedenen Planeten und die Hüpf- und Akrobatikpassagen einfach zu viel Spaß. Gerade im etwas fortgeschrittenen Spiel, wenn Ratchet mehr Gadgets und Waffen zur Verfügung stehen, kann sich ein angenehmer Flow entwickeln. Zudem gibt es immer mal wieder auflockernde Passagen, wie ein Hoverbord-Rennen oder ein Dogfight mit dem eigenen Kampfflieger.
Manchmal ist das Geschehen jedoch etwas zu schnelllebig. Viele Level wirken aus heutiger Sicht etwas zu stromlinienförmig, kurz und sind so designed worden, dass sich der Spieler bloß keine Sekunde langweilen soll. Das ist natürlich per se keine schlechte Sache, aber gerade Serienveteranen werden sich größere Areale wünschen, weniger Bum-Bum und vor allem schwerere Puzzles.
Ein angenehmer Nebeneffekt der weniger verwinkelten Level ist es aber auch, dass es keinen unnötigen Schnickschnack einzusammeln gibt. Hier setzte man eher auf weniger, aber dafür gute Verstecke, die dann auch Geheimnisse enthalten, die eine spielerische Belohnung über den Sammeltrieb hinaus darstellen. So kann man überall in der Welt Sammelkarten finden, die uns Boni auf bestimmte Attribute geben oder uns unter Umständen ganz neue Waffen freischalten.
Fazit
Banjo-Kazooie, Jak & Dexter oder eben Ratchet & Clank. Nach dem großen Boom der Maskottchen-Duo-Jump ‘n‘ Runs herrschte längere Zeit Flaute – nun hat es das letztgenannte Gespann tatsächlich wieder geschafft frischen Wind zu entfachen und ein sehr gutes Comeback hinzulegen. Fast fühlt man sich wie in einem Pixar-Film, wenn man die ungleichen Freunde durch die wunderschönen Science-Fiction Welten steuert. Auch wenn das Spieletester-Gehirn es sich nicht verkneifen kann darauf hinzuweisen, dass man was Spieltiefe und Anspruch betrifft mit dem Reboot der Reihe serienintern wieder einen kleinen Schritt zurück gemacht hat. Das Spielerherz erfreut sich an den haufenweise vorhandenen guten Ideen, die sich vor allem im grandiosen Waffenarsenal manifestieren. Wer einfach mal wieder Spaß am Spielen erleben möchte, ein Fan von Animationsfilmen ist und nicht unbedingt das nächste Dark Souls sucht, kann mit Ratchet & Clank nichts falsch machen!
[pricemesh]