Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Alle die einen kleinen Sprung in die Vergangenheit brauchen, hier ein kleiner Rückblick. Die Abtenteuerreihe handelt von dem verrückten aber dennoch liebenswerten Anti-Helden Rufus, der auf dem Müllplaneten Deponia lebt und arbeitet daran, in Hoffnung nach einer besseren Zukunft, nach Elysium zu kommen – einer Raumstation. Am Ende der Trilogie schafft Rufus es mit einer waghalsigen und selbstlosen Aktion Deponia vor dem Untergang zu bewahren.
Deponia Doomsday ist die langersehnte Fortsetzung (wenn man es denn so nennen kann) von der Deponia Trilogie. Zwar ist dieses Spiel eher als Spin-off zu betrachten, aber es birgt dennoch genau den gleichen Charme wie die vorherigen Deponia Teile – so zumindest verspricht es Daedalic. Das Spiel beginnt noch vor dem ersten Teil der Reihe und zieht sich, wie es bei Zeitreisen ist, sogar bis in Goodbye Deponia rein. Zeitreisen? Ja, denn in Deponia Doomsday reist ihr stetig durch die Zeit. Für den Einen ist es im ersten Moment ein Schock, wenn plötzlich das Inventar komplett leer gefegt ist, der Andere weiß: Nach einer Reise in die Vergangenheit sind auch meine Items weg. So reist Ihr stetig durch die Zeit und verändert, vielleicht auch unbeabsichtigt, die Gegenwart. Dass der eigensinnige Trottel Rufus das für seine Zwecke ausnutzen will, steht natürlich außer Frage.
Zeitreiseeee!
Ungewöhnlich aber wahr: Ein kleines Minifazit mitten im Review. Zeitreisen machen es möglich. Unser „Abenteuer“ führt uns zu den alten Deponia Teilen. Diese sprechen für sich. Durchgehend sehr positiv ausfallende Bewertungen, hervorragend geschriebene Geschichten und Charaktere die man einfach nur lieb gewinnen kann, wenn auch manchmal nur im Rahmen einer Hassliebe. Der Artstil, die Musik und die Synchronsprecher sind von überragender Qualität und jeder der die alten Teile aus dem Hause Daedalic noch nicht gespielt hat, hört nun auf zu lesen und kommt in 40-60 Stunden nach der Trilogie „Pflichtlektüre“ wieder.
Zeit für…
Point & Click Adventures leben von ihrem eigenartigem Charme sowie knackigen Rätseln. Den Charme hat Deponia – keine Frage. Aber auch in der Hirnschmalz-Rubrik gibt es keine Abstriche, denn die Rätsel reichen von sehr leichten Logikrätseln über Gegenstandskombinationen bis hin zu schweren Minigames. So sollten auch Ratefüchse mal vor einer knackigen Nuss stehen – diese fühlt sich aber niemals unlösbar an. Nach so vielen Teilen und einem erfahrenem Designteam war es aber auch nicht anders zu erwarten.
„Das Ende ist kein Cliffhanger. Es wird auch keinen Deponia-Nachfolger geben“ – Poki zu Goodbye Deponia
Die Anspielungen an die Popkultur sowie das Tagesgeschehen lässt sich Deponia auch im „4.“ Teil nicht nehmen. So müsst Ihr beispielsweise direkt zu Anfang des Spiels an der „Edward Snowman“ einen Werkzeugkasten untersuchen, nebenbei erinnert Rufus einen irgendwie an Solid Snake. Kurze Zeit später jagt Ihr bereits einem rosa Elefanten nach. Deponia Doomsday läuft oftmals außerhalb jeglicher Erwartung und überrascht mit stimmigen Wendungen in abstrusen Szenarien. Trotz allem Humor und Unsinn schafft es das Spiel einige Gefühlsknöpfe zu drücken, so dass neben Freudentränen auch die eine oder andere „echte“ Männerträne über das Gesicht kullert. Natürlich nur dank Tonis starkem Aufwärtshaken.
Niemand kann die Zeit bändigen
Wie bei original handgeschmiedeten und 900-mal gefalteten japanischen Katanas ist es auch häufig bei Computerspielen die sorgfältige handwerkliche Komponente, die das Spiel so liebenswert macht. Im Fall Deponia kann man hier ganz eindeutig von einem zeitlosen (haha) Grafikstil sprechen der Jung und Alt begeistert. Ob nun Rufus oder gar Einwohner von Elysium – alles sieht einfach stimmig aus. Besonders Loben kann man, dass nicht einfach ein „Das geht hier nicht“ ausgespuckt wird, sondern oftmals kreative Kommentare für bestimmte, auch abwegigere, Situationen abgegeben werden. Den ganz besonderen Genuss bekommt man nur, wenn man wirklich jeden Gegenstand untersucht und kombiniert.
Sehr übersichtlich und funktional ist auch das Interface von Deponia. Wer bereits die alten Teile gespielt hat wird sich ohne Probleme im neuen Teil der Reihe zurechtfinden. Das drücken des Mausrads oder der Leertaste zeigt Interaktionsmöglichkeiten an und auch sonst steuert sich das Spiel wie gehabt im genretypischen Rahmen. Obwohl der Planet Deponia eigentlich eine riesen Müllhalde ist, ist es das Spiel keinesfalls. Nicht einen Fehler musste ich während des Tests bestaunen. Es funktioniert einfach tadellos.
Fazit
Mit Deponia Doomsday erhaltet ihr einen unverhofften und würdigen Nachfolger. Dieser Titel hat, wie die komplette Reihe, Kultstatus erreicht, und kann sich problemlos mit Monkey Island messen. Es gibt vermutlich Fans, die mich dafür gerne malträtieren würden, aber zu dieser Aussage stehe ich. In der Zeit von Leaks, Previews und Open-Beta Tests gibt es kaum noch Geheimnisse in der Spielebranche. Trotzdem hat Daedalic es irgendwie geschafft Deponia Doomsday bis zu seiner Ankündigung – 5 Tage vor Release – geheim zu halten. Wie das möglich ist, ist mir fast schon ein Rätsel. Die virtuellen Rätsel reichen vom klassischen Zusammenbau eines improvisierten Flammenwerfers aus einer Spraydose und einem Feuerzeug bis hin zur eher abstrusen Zubereitung eines schmackhaften(?) Madenmett-Würstchen. Auch wenn die Lösung nicht immer auf der Hand liegt, das Spiel lässt sich im Großen und Ganzen sehr gut ohne Lösungshilfen spielen, etwas Geduld an der ein oder anderen Stelle vorausgesetzt. Mit etwa 20 Stunden Spielzeit ist Deponia Doomsday ein würdiges Spin-Off sowie ein passendes „Ende“ (vermutlich?) und ich kann es jedem Fan oder angehenden Fans für etwa 30 € ans Herz legen. Wer sich gerne ein Schachtel ins Regal stellt: Die Boxed Version ist ab Anfang April im Handel erhältlich.