„Ah… Wahnsinn, unser alter Freund.“
Wir befinden uns in einem Kerker. Es ist dunkel – unsere letzte Fackel ist fast abgebrannt. Und schon spüren wir wie unsagbare Schrecken die Hand nach uns ausstrecken, um uns zu verschlingen. Schritt für Schritt treibt es uns weiter vorwärts, auf der Suche nach Schätzen und Ruhm. Unsere Vestal, die Heilerin der Gruppe, ist vergiftet, sie hält nicht mehr lange durch. Ihr Anblick ist grauenvoll und schlägt sich auf das Gemüt der anderen nieder: Unser Crusader, der stark und kräftig ist, verliert sich in Wahnsinn. Vor den unendlichen Grauen hier und dem Zerfall des Verstandes ist niemand gefeit, sei er noch so tapfer. Willkommen im Darkest Dungeon.
„Willkommen daheim.“
Bevor und nachdem es uns in eines der Dungeon verschlägt, befinden wir uns in Hamlet, einem heruntergekommenen und dreckigen Dorf. Ein namenloser Vorfahre vererbte uns das alte Herrenhaus und mit ihm eine große Verantwortung: Denn unsere Aufgabe ist es unseren Familiennamen reinzuwaschen und unserem Dorf zu altem Glanz zu verhelfen! Unser Verwandter war vor seinem Tod auf der Suche nach dubiosen Schätzen und einem geheimnisvollen Portal und verwüstete dadurch die gesamte Gegend – ganz zum Leidwesen der Nachbarn. Die bestehen aus einer Reihe von grausamen Skeletten, Monstern, menschlichen Schlächtern und vielem mehr, und sinnen allesamt nach Rache. In Hamlet finden wir viele nützliche Einrichtungen, die wir nach und nach mithilfe von Beute aus den Dungeons (Besitzurkunden, Gemälde usw.) freischalten und erweitern. Ohne die Hilfe der Schmiede, in der wir neue Rüstungen und Waffen herstellen, oder der Abtei, in der religiöse Klassen friedvoll meditieren, um Stress abzubauen, kommen wir nicht weit.
„Selbst die älteste Eiche beugt sich dem stürmischen Wind.“
Nachdem wir den gefährlichen Weg nach Hamlet im Tutorial freigelegt haben, verschlägt es 14 verschiedene Klassen von Abenteurer, Söldner und Vagabunden hierher. Und genau diese können wir für unsere Zwecke rekrutieren. Wer jetzt an strahlende Helden, mit glänzender Rüstung und edlem Charakter denkt, irrt sich – es verlaufen sich lediglich Verrückte, Gauner und ein Haufen zwielichtiger Gestalten nach Hamlet. Die kommen dann auch gleich mit allerhand Ticks und Schwächen: Okkultist Azor ist ein Säufer und verbringt seine freie Zeit ausschließlich in der Taverne, während Barbarin Louet an „Hieromanie“ leidet und daher von religiösen Visionen und Wahnvorstellungen verfolgt wird. Alle Hoffnung ist aber nicht verloren, denn es gibt tatsächlich auch noch ein paar charakterstarke Helden. So kann man mit der Zeit beispielsweise den positiven Tick „Schnelle Reflexe“ und damit +2 auf das Attribut Geschwindigkeit erhalten. All diese Kuriositäten können wir im Sanatorium gegen viel Gold entweder kurieren oder freischalten. Mit jedem Level Up unserer Söldner besteht zudem die Chance auf einen oder mehrere dieser Ticks – das geht so weit, dass der Aufstieg zu einer echten Nervensache wird.
„Ein Mekka voller Wahnsinn und Morbidität.. deine Arbeit beginnt.“
Mit vier solcher „Helden“ geht es dann in die Dungeons, die ein simples Netzwerk aus Räumen und Verbindungsgängen darstellen. Hier und da gibt es einen Schatz zu finden oder es bäumt sich ein Berg aus Schutt vor uns auf, den wir mithilfe einer mitgebrachten Schaufel entfernen können. Viel gibt es nicht zu sehen, in Struktur und Aussehen ähneln sich die Dungeon leider sehr – da sieht man sich schnell satt. Vorher haben wir immer die Wahl zwischen verschiedenen Regionen und dazugehörigen Zufallsquests, die sich recht häufig wiederholen. Zumeist müssen wir alle Kämpfe meistern oder 90 % aller Räume erkunden. Haben wir eine bestimmte Menge an Quests in einem Gebiet erledigt, schaltet sich ein Bosskampf frei, nach welchem sich das Ganze mit neuen Aufgaben wiederholt.
„Der Tod wartet auf den kleinsten Verlust von Konzentration.“
Spannender verlaufen die rundenbasierten Kämpfe in Darkest Dungeon. Unser und das generische Team kämpfen jeweils mit bis zu vier Figuren, die sich gegenüberstehen und sich nacheinander, abhängig vom Initiative-Wert, angreifen. Sind wir dran, haben wir die Wahl zwischen allerlei Aktionen. Zum einen wäre da das Benutzen von Skills: Jeder unserer Söldner besitzt sieben Fähigkeiten, von denen er allerdings nur vier aktiv nutzen kann. Gewechselt und aufgewertet werden diese in Hamlet. Je nach Klasse betäuben wir unsere Feinde mit einem Schwerthieb, heilen die gesamte Gruppe für ein paar, meist mickrige, Lebenspunkte oder lassen einen blutrünstigen Wolfshund für uns angreifen. Doch damit nicht genug, in Darkest Dungeon spielt vor allem die Positionierung der Charaktere eine wichtige Rolle. Die meisten Skills können nur von bestimmten Plätzen aus benutzt werden und treffen dann auch nur gewisse Positionen der gegnerischen Kampfreihe. Unsere Grabräuberin kann ihre Giftpfeile beispielsweise nur von den hinteren Plätzen aus werfen, damit dann aber auch jede Feindposition treffen. Es gibt viele Fähigkeiten, die automatisch einen Positionswechsel hervorrufen – nicht nur auf unserer Seite. Pro Zug können wir also entweder den Platz mit einem Teammitglied tauschen oder angreifen. Außerdem können wir natürlich auch Items wie ein Gegengift nutzen, das sogar, ohne den Zug zu beenden. Heiltränke oder ähnliches gibt es nicht. Es gibt also viel zu beachten – spannend und nervenaufreibend sind die Kämpfe in Darkest Dungeon allemal.
„Die Dunkelheit kommt und jagt die Herzen der Menschen.“
Der Wesenszustand unserer Söldner spielt, wie schon erwähnt, eine riesige Rolle in dem Dungeon Crawler mit Lovecraft-Stimmung. Nun sind die Räume und Gänge durch die wir uns bewegen sehr dunkel und unsere mitgeführten Fackeln reichen kaum für ein Licht aus, das mehr als erschreckende Schatten wirft. Wird es dunkler, greifen mehr Feinde an und schlagen auch stärker zu – der Stresspegel unserer Charaktere steigt! Aber was ist jetzt schon wieder der Stresspegel? Im Kampf und während des Erkundens der dunklen Dungeon (ha, Wortspiel!) erleben wir so einige Schrecken, die uns gehörig aufs Gemüt schlagen. Ein kritischer Treffer des Gegners? Stress! Ein Hinterhalt? Stress! Nichts mehr zu essen dabei? Stress, Stress, Stress! Steigt dieser bis zu
einem gewissen Punkt, wird es spannend: Entweder reißt sich unser Söldner noch einmal am Riemen und erhält einen zufälligen Bonus, oder er vergeht in Wahnsinn. Das kann zur Folge haben, dass er nur noch wahllos angreift oder sich sogar nicht mehr heilen lässt. Steigt der Stress in solch einer Situation dann weiter, kann es sogar zum Herzinfarkt und Tod des Charakters kommen. Das alles macht Darkest Dungeon so unheimlich spannend: Es geht nie darum, ob die Lage aussichtslos ist (denn das ist sie immer), sondern ob wir unserer Gruppe trotz allem weiter durch die Schrecken durchprügeln, auch wenn wir dabei ihre Psyche zerstören.
„Wie schnell sich das Schicksal ändern kann.“
Stimmungstechnisch kann Darkest Dungeon voll überzeugen. Die düstere 2D-Grafik passt perfekt zum Setting und besitzt ihren ganz eigenen Stil – das unsere Truppen da wahnsinnig werden ist gar kein Wunder! Sehr gut gelungen sind auch die Soundeffekte. Die Grauen der Verliese und knorrigen Wälder werden durch stimmiges Knarzen und schaurige Schreie untermalt und lassen auch uns das ein oder andere Mal zurückzucken. Das alles kann aber nicht mit dem Erzähler, der uns während jedem Schritt begleitet und uns als der geheimnisvolle Vorfahr vorgestellt wird, mithalten. Die tiefe und markante Stimme von Wayne June, bekannt aus vielen HP Lovecraft Audiobüchern, kommentiert alles auf unserer Reise und ist dabei so gut, dass man sich gar nicht an ihm satthören kann. Großartig!
Fazit
Das Fazit-Bild beschreibt ganz gut, wie sich das Spiel auf mich ausgewirkt hat. Während des Spielens konnte ich regelrecht mit meinen „Helden“ mitfühlen, so gestresst war ich teilweise. Aber es war ein positiver Stress! Darkest Dungeon ist dabei wirklich fair, es gibt dem Spieler genügend Dinge an die Hand um sein Schicksal zumindest ein wenig zu lenken – es geht immer darum, ob man lieber aufgibt oder sich weiter durchkämpft. Wer mit dem düsteren Dungeon Crawler liebäugelt, sollte wissen, dass der „Ironman-Modus“ standartmäßig an ist und somit nach jeder Aktion gespeichert wird. Stirbt ein Held, ist er für immer weg vom Fenster. Man wird generell viel mit Verlust und Scheitern konfrontiert, sollte mit solchen Situationen also klarkommen. Beißt man sich durch, geht man gefestigt und vielleicht auch ein wenig wahnsinnig aus dem Spiel heraus, ganz so wie unsere Charaktere… wenn es denn einer überlebt.