Seit Monaten ist das Internet hin- und hergerissen zwischen Hype und Angst. Viele Fans der ersten Stunde haben das Trauma von Episode I-III noch in Erinnerung und hoffen nun auf eine Rückkehr der Saga zu alter Stärke. Kann Star Wars: Das Erwachen der Macht den hohen Erwartungen gerecht werden?
Nostalgie schadet Nie
Ich selbst war, bis vor ein paar Monaten, noch eher skeptisch. Bis heute, verfolgen mich die Bilder von Jar Jar Binks in meinen (Alp)-Träumen. Auch die Allgegenwärtigkeit des Marketings (Mag jemand ein paar Star Wars Orangen?), ist zuweilen anstregend. Doch dann kam der erste Trailer und ich gab mich ganz der dunklen Seite des Hypes hin. In den Tagen vor der Premiere, stieg die gespannten Vorfreude. Und siehe da: Kurz nachdem die goldenen Buchstaben über die Kinoleinwand gerollt sind, ist sie wieder da. Die dichte packende Atmosphäre einer Weltraum-Oper, wie wir sie aus der alten Trilogie kennen. Aufgepeppt durch zwei neue, dynamische Hauptcharaktere, Rey (Daisey Riley) und Finn (John Boyega) schwirrt das mit Humor vollgepackte Abenteuer über die Leinwand zieht mich schnell wieder in seinen Bann.
Wenn Rey und Finn sich mit „Ich schaff‘ das! Ich schaff‘ das!“, anfeuern, als sie das erste Mal hinterm Steuer und an den Kanonen eines wohlbekannten Raumschiffes sitzen, dann bringt das eine Team-Dynamik hervor, die an Han und Chewie erinnert. Und wenn sie in der darauffolgenden Verfolgungsjagd durch die Ruinen alter Sternen-Zerstörer jagen, dann wirkt das wie eine Verbindung der Generationen von Star Wars Fans. Hier fliegt eine neue Generation von Helden, für die die Figuren von damals nur Legenden sind, durch die längst vergessen Schlachtfelder der alten Saga.
Echte Sets, echte Atmosphäre
Die emotionale Achterbahn, in der ersten halbe Stunde von Star Wars 7, ist absolut grandios. Neben den toll eingeführten Helden und der irrwitzigen Action, liegt dies vor allem an der Art und Weise wie die Schauplätze in Szene gesetzt sind. Endlich wieder echte Sets! Es verleiht einem Film einfach eine starke Tiefe und Haptik, zu wissen und zu sehen, dass die Sturmtruppen ihre Rüstung auch wirklich tragen und nicht in Motion-Capture-Unterhose vor einer grünen Wand rumrennen. Ab der ersten Sekunde wirkt Star Wars 7 plastisch, greifbar und viel glaubwürdiger als die Prequel-Filme.
Die Kombination aus den Figuren, Farbstimmung, Soundeffekte und Design, inmitten von Blastersalven und Lichtschwertenschwirren schafft es tatsächlich exakt dieselbe Magie erzeugen, die mich vor knapp 20 Jahren für die Welt von Star Wars begeisterte.
Ein bisschen viel des Guten?
Es ist eine schwierige Balance, aus Altbekanntem und Neuem die Abrams und Co. mit dieser Film versuchen und in großen Teilen ist sie gelungen. Im Verlauf des Films wird jedoch auch klar: Das Erwachen der Macht orientiert sehr stark am Original Krieg der Sterne, nicht nur was die Stärken in Sachen Atmosphäre und Stil angeht. Auch Handlung und Motive zeigen zahlreiche Parallelen auf. Überall, wo nicht Originaldarsteller, -Waffen und -Raumschiffe zum Einsatz kommen, gibt es erkennbare Äquivalente. So gibt es eine Obi-Wan-Kenobi-Entsprechung, eine sehr offensichtliche Yoda-Variation (deren weitere Charakterisierung man sich offenbar für die Fortsetzung aufspart) und die Bar in Mos Eisley ist nun auf einem Jungel-Planeten. So wirkt der Film zuweilen doch etwas fantasielos, wenn Abrams und Co. dem Zuschauer etwa eine „neue“ Sith-Superwaffe in genau gleicher Form, nur fünf Mal größer vorsetzen. Es ist natürlich ein schwieriges Wagnis, bei so einem Mammut-Projekt mit kritischer Fan-Base, neue Wege zu beschreiten. Doch ein wenig mehr Risikofreude hätte nicht geschadet.
Die ist allerdings Kritik auf sehr hohem Niveau und macht Star Wars 7 allerdings keineswegs zu einem schlechten Film. Ganz im Gegenteil, er ist zu gleichen Teil Homage und Weitererzählung für ein neues Publikum und inszeniert brilliant ein neues Kapitel in dem von mir und Millionen Fans geschätzten Universum.