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Euer Gefängnis im Überblick.

Die Grundlagen von Prison Architect sind schnell erklärt: In eurem Gefängnis müsst ihr den unfreiwilligen Gästen Unterkunft und Verpflegung bereitstellen. Dafür erhaltet ihr von einer unbekannten Instanz jeden Monat Miete pro Nase. Je mehr ihr unterbringt, umso mehr Geld fließt. Gefährliche „Mieter“ sind wertvoller, aber machen natürlich auch mehr Ärger. Sie versuchen sogar ab und an auszubüchsen, weshalb ihr auch für die Sicherheit sorgen solltet. Wie sehr ihr euch ums Wohlbefinden euer Schützlinge kümmert, liegt ganz an euch, an erster Stelle steht der Profit. 

Diese vielleicht etwas makaber anmutende Umschreibung trifft den Kern von Prison Architect, in dem der Spieler ein Gefängnis erst aufbauen und danach erfolgreich betreiben muss. Dazu heuert er Anfangs Bauarbeiter und Wärter an um das Gefängnis hochzuziehen und die Freiheitsliebe der Insassen im Zaum zu halten. Dabei können die eifrigen Arbeiter vom dreistufigen Sicherheitszaun bis zum Gemeinschaftsraum mit Billard-Tisch alles errichten, was der Knast eurer Meinung nach braucht. Manchmal bedürfen eure Angestellten allerdings fast soviel Fürsorge oder besser Wachsamkeit wie die Insassen, da sie ihre Aufgaben schon mal in etwas eigenwilliger Reihenfolge erledigen. Beispielsweise werden alle Teilstücke eines Abflussrohres gebaut, außer der Verbindung an die Hauptleitung, bevor sie sich einer anderen Aufgaben widmen. Dies kommt zum Glück extrem selten vor, sodass sie alles in allem als äußerst zuverlässig eingestuft werden können. Hauptsache ihr habt einen Plan wie es weitergehen soll.

Planung ist das halbe Leben

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Die Story wird in eingeblendeten Dialogen präsentiert.

Der Plan ist nötig, denn ein großer Teil von Prison Architect dreht sich um den eigenen Bau und die Gestaltung des Gefängnisses. Hier geht es um Vorrausplanung, um die Wahl der richtigen Umgebung und das passende Layout. Diese wiederum beeinflussen die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Einrichtungen. Durch diesen Fokus auf das Gestalten des Gebäudes wird schnell klar: Jeder Insasse mag eine Persönlichkeit haben, aber der zentrale Charakter des Spiels ist das Gefängnis. Es ist der Fokus allen Geschehens. Anders als etwa bei Sim City sind bauliche Entscheidungen hier tatsächlich bedeutsam. Hier kann man kleine Fehler nicht einfach permanent mit dem Bulldozer ausbügeln. Das Ökosystem von Prison Architect ist sensibler und die Budgets sind zu eng gesetzt, als das man konstant demolieren und neu errichten könnte. Schlechte Entscheidungen bedeuten hier schon mal ein Credit-Strafe oder auf den hohen Schwierigkeitsgraden auch die Entlassung.

Um in den Genuss der feineren Spielmechaniken zu kommen, braucht man ein bisschen Zeit und Geschick. Das erste wirklich funktionierende Gefängnis aus dem Boden zu stampfen, gelingt den wenigsten beim ersten Anlauf, doch das Ausprobieren verschiedener Layouts und Herangehensweisen, macht bereits einen Teil der Faszination aus. Es ist dem Spieler freigestellt, ob er mit harter Hand, also Schlagstock und Taser oder mit gemütlichem Aufenthaltsraum für Ruhe und Ordnung sorgt. Hauptsache der Rubel rollt. Diese Zynik ist vielleicht als subtile Anklage an die private Gefängnisindustrie, wie sie in den USA tausendfach existiert zu verstehen. Eine Einordnung oder Stellungnahme lässt das Spiel jedoch vermissen. Diese völlige Wertungsfreiheit in Kombination mit seiner minimalistischen Grafik macht es trotz des makaberen Szenario spielerisch sehr amüsant, lässt dadurch aber kritische Ansätze in Richtung Serious Game fast gänzlich erlöschen. Diese  kommen lediglich in den gut geschriebenen und durchaus kritisch bewegenden Story-Missionen zum Vorschein. Hier kann Prison Architect jedoch die Qualität und Dramatik der ersten Missionen nicht ganz bis zum Ende durchhalten.

Da war doch was mit Hunden?

Um eine Idee davon zu bekommen in welch wunderbare Tiefen der Simulation Prison Architect den Spieler entführt, lohnt ein Blick auf die Vierbeiner im Spiel. Wachhunde lassen sich wie Personal anheuern und sind unglaublich vielseitig. Sie sind Experten darin, Schmuggelware ausfindig zu machen, egal wie gut ein Gefangener sie versteckt hat. Sie können im Handumdrehen Tunnel aufspüren, die in mühseliger Kleinarbeit gegraben wurden und sie jagen Ausbrecher wie zielsuchende Raketen. Doch sie bringen auch neue Probleme mit sich, denn je mehr ihr über eure Insassen wisst, je mehr Kontrolle ihr über ihr Leben habt, umso unglücklicher werden sie. Bevor ich mithilfe meiner vierbeinigen Freunde ihre geheimen Laster aufgedeckt habe, gab es selten Schlägereien in der Dusche und ich hatte bis dahin auch keine Opfer einer Überdosis zu beklagen, dass hat sich jetzt geändert. Höchste Zeit einen Gefängnispsychologen einzustellen und die Gruppentherapie Sitzungen zu planen…

Fazit

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Das Niederschlagen von Aufständen gehört zum täglichen Geschäft eines Gefängnisdirektor.

Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Satz einmal schreibe, aber: Ein Gefängnis zu betreiben kann wirklich Spaß machen. Bei Prison Architect zumindest. Die Kombination aus Planen, Bauen, Scheitern und neu Probieren ist Aufbaustrategie nach meinem Geschmack. Immer wieder bringt das Spiel neue Aufgaben und Herausforderungen. Dabei gelingt die Mischung aus übergreifendem Planen und Bauen und dem feingliedrigen Organisieren des schwedischen Gardinenhandels ausgezeichnet. 

Das Ganze wird noch gespickt mit Story-Missionen, welche die Simulation auflockern und zum Nachdenken anregen. Zwar bleibt Prison Architect hier hinter den Ansprüchen eines echten Serious Games zurück, dafür fehlt der Story-Missionen dann in weiten Teilen doch die Gesellschaftskritik, aber  unterhaltsam sind sie alle Mal. Das gilt auch für das grandiose Tutorial und das schon aus der Early-Access Phase überzeugende Endlosspiel. 

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