Nach einer turbulenten Geschichte und einer von mehreren Reboots unterbrochenen, vierjährigen Entwicklungszeit ist Heroes of the Storm nun endlich aus der Beta und für alle Neulinge und Veteranen des Genres spielbar. Grund genug dem neusten Free2Play Titel aus dem Hause Blizzard mal genauer auf den Zahn zu fühlen.

Das MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) Genre erlebt zur Zeit einen scheinbar grenzenlosen Höhenflug. League of Legends ist das meist gespielte und meist gestreamte E-Sport Spiel der Welt und der Preispool für das diesjährige Dota 2 – Turnier „The International“ bricht erneut alle Rekorde. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch Blizzard einen Stück vom Kuchen abhaben möchte und Heroes of the Storm ist der Versuch, genau das zu erreichen.

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Nun mag man sich fragen: Was soll das? Warum noch ein MOBA? Warum geht niemand Mitte? 
Die Antwort von Blizzard auf alle drei Fragen, vor allem aber für diejenigen, die die letzte Frage nicht verstanden haben, lautet: Ist okay, wir sind das einsteigerfreundliche MOBA. 
Eine der größten Plagen des MOBA Genres war bislang seine mangelnde Zugänglichkeit und die oft gnadenlose Community, die das Erlernen der nötigen Kenntnisse nicht gerade einfach macht. Die richtigen Kombination der Helden und der passenden Gegenstände herauszufinden ist zuweilen ein schwieriger Prozess, der viel Zeit und dank des rauen Umgangstons auch einiges an Nerven kosten kann. Blizzard geht nun einen neuen Weg, ja man möchte fast sagen schlägt ein neues Kapitel für das Genre auf indem es mit Traditionen bricht und somit alles daran setzt, den Titel zugänglich für Neueinsteiger des Genres zu machen.

Zwar kämpfen auch bei Heroes of the Storm 5 gegen 5 in einer Arena mit dem Ziel die gegnerische Festung zu zertrümmern und werden dabei von schwächeren, computergesteuerten Einheiten begleitet, doch bereits an einer anderen Tradition, dem Design der Arena, hat Blizzard kräftig geschraubt. So gibt es nicht – wie etwa bei Dota, HoN und lange Zeit bei LoL – nur eine archetypische, gespiegelte Karte, sondern sieben verschiedene Arenen, die alle einen besonderen taktischen Kniff bereit halten. 

In den Drachengärten zum Beispiel gilt es zwei Altare gleichzeitig halten. Nun muss ein weiteres Teammitglied rasch die Statue in der Mitte erreichen und übernimmt dort die Kontrolle des Drachenritters. Dieser ist eine besonders mächtige Zerstörungsmaschine, die vor allem gegen Befestigungen und Türme effektiv ist, aber nach wie vor auf die Untersützung durch sein Team im Kampf gegen andere Helden angewiesen ist. Da es bei Heroes of the Storm mehr Verteidigungsanlagen als bei der Genre-Konkurrenz gibt, ist es oft essentiell, die zusätzlichen Möglichkeiten der Map zu mobilisieren, um schnell voranzukommen. Neben den Besonderheiten der jeweiligen Karte, etwa dem Drachenritter, sind dies auch die Söldner, die sich nach gewonnenem Kampf auf unsere Seite schlagen und uns mit ihrer Schlagkraft unterstützen. Richtig eingesetzt kann eine Partie so bereits nach 15-20 Minuten für das eigene Team entschieden werden. Statt Meta-Schlachten bietet Blizzard also eher kurzweilige, actionreiche Gefechte. 

Auch bei den Helden macht sich die einsteigerfreundliche Ausrichtung bemerkbar. Während es etwa bei Dota 2 sage und schreibe 110 verschiedene Champions zur Auswahl gibt, die alle auf höchstkomplexe Weise miteinander harmonieren – oder eben nicht – begnügt sich Heroes of the Storm mit einer Auswahl aus 37 Helden. Diese sind nicht nur allesamt dem Warcraft, Starcraft oder Diablo Universen entliehen, was dem Spiel einen einzigartigen und teils absurden Flair verleiht, sondern sie sind auch in vier unterschiedliche Funktionen eingeteilt, um so sinnvolle Teamzusammensetzungen einfacher zu machen. Spielt man alleine, funktioniert dies über das Matchmakingsystem bereits sehr gut, bei Gruppen von 2-3 Spielern kann es zum Teil noch zu etwas eigenwilligen Kombinationen, etwa einem Team ohne einen Tank, kommen. 

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Die Auswahl an Helden ist überschaubar, aber vielseitig. Die Grafik enthält nur einen Auszug aus dem Ensemble.

Das Freischalten neuer Helden funktioniert nach einem ähnlichen Free2Play-Modell wie bei League of Legends. Das Spiel selbst ist kostenlos und jede Woche rotiert Blizzard sieben neue gratis spielbare Helden rein. Um einen Champion auf Dauer freizuschalten, muss er für Echtgeld oder Ingame-Gold gekauft werden. Darüber hinaus werden kosmetische Items wie Skins angeboten, die es größtenteils nur für Echtgeld gibt. Heroes of the Storm ist also nicht Pay2Win, denn theoretisch können wir alle Helden auch mit im Spiel verdientem Gold freischalten. Allerdings ist hier durchaus etwas Geduld gefragt, denn alles ist ungefähr doppelt so teuer wie etwa bei LoL.

Neben launiger Sprachausgabe und verschiedenen Talenten bieten die Helden unterschiedliche, wählbare Fähigkeiten, die ich mit dem durch absolvierte Partien steigenden Heldenlevel freischalte. Ich werde also nach und nach mit mehr Möglichkeiten an die Komplexität des jeweiligen Helden herangeführt, so ich ihn denn regelmäßig spiele. Grundsätzlich ist die taktische Ebene und die Vielseitigkeit der Helden vollends auf das Talentsystem ausgelegt, ein Itemshop oder ähnliches fehlt komplett. Dies nimmt dem Spiel Komplexität und geht auf Kosten von echtem Tiefgang, die Team-Kämpfe bleiben aber insofern anspruchsvoll als das ein abgestimmter Einsatz der Talente wichtig bleibt. Da es weder Gold noch Item Shop gibt fallen natürlich auch Last-Hits und Denies weg, und somit Einsteigerstolperstein und Profi-Ansporn zugleich. Erneut opfert der Titel hier Tiefgang für Zugänglichkeit. 

Da alle gleichzeitig Leveln und somit gleich stark sind, führt allerdings auch zu deutlich mehr Ansporn zum Teamspiel, da es keine einzelnen Helden gibt, die es im späteren Verlauf des Spiel mit dem ganzen gegnerischen Team aufnehmen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber natürlich auch, dass sich konsistent gutes Spiel Einzelner weniger bezahlt macht und durchgehendes Versagen weniger bestraft wird. Dies führt dazu, dass individuelles Können bei Heroes weniger im Vordergrund steht und stehen kann, als bei der Konkurrenz. 

Fazit:
Heroes of the Storm ist Geschmackssache für Veteranen des Genres, soviel ist ganz klar. Ohne Gegenstände, Last-Hits oder Denies entsteht schlicht und einfach keine vergleichbare taktische Tiefe wie in Dota 2 oder LoL. Auf der anderen Seite ist Heroes of the Storm aber genau das, was es sein will und tut dem Genre sehr gut. Es spricht diejenigen an, die entweder keine Zeit oder keine Lust haben sich in das komplexe Zusammenspiel aus Gegenständen und Helden der Konkurrenz einzuarbeiten und setzt durch seine unterschiedlichen Karten neue Akzente, welche die Partien stets kurzweilig und abwechslungsreich ausfallen lassen. Und wer kann schon w
iderstehen einmal mit Diablo Jim Raynor zu vermöbeln? Wer also bisher keinen Zugang zum Genre hatte oder einfach mal ein wenig Abwechslung sucht, sollte Heroes of the Storm unbedingt einen Besuch abstatten. 

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