Wenn weltweit Controller gegen Wände fliegen, die Namen von Bossen mit Schimpfwörtern verunglimpft werden und Spieler nur Zentimeter um Zentimeter durch dunkle Gassen kriechen aus Angst vor dem, was vor ihnen liegt, dann stehen die Chancen gut, dass From Software mal wieder ihre Magie gewirkt haben und ein neues RPG heraus gebracht haben. Und nachdem jetzt der Meister Hidetaka Miyazaki höchstpersönlich wieder zurückgekehrt ist, ruhen alle Augen der kultischen Fanbase auf Bloodborne. Die Erwartungen sind groß, schließlich braucht die PS4 schon seit über einem Jahr einen Titel, der sagt: „Ja! Ich bin der Grund warum du dir diese Konsole angeschafft hast!“.

 

Auf der Schwelle zur Verdammnis

Vom Boden steigen schwüle Nebelschwaden, die Flammen der brennenden Stadt spiegeln sich in den Pfützen der mitgenommenen Pflasterstraße. Durch knöcheltiefes Brackwasser führt es den Jäger, der selber nicht weiß, wie er an diesen gottverlassenen Ort namens Yarnham gekommen ist. Die gotischen Fassaden ragen bedrohlich zu beiden Seiten herauf, mit Skulpturen, deren stumme Klageschreie den wenigen letzten Bewohnern bei klarem Verstand ein Lied von Leid und Trauer singen. Die mörderischen Mobs hören es genau so wenig wie die missgestalteten Kreaturen, welche da in den Schatten lauern. Dem Jäger ist es einerlei: Mit bedächtigen Schritten durchquert er die ewige Dämmerung, auf der Suche nach dem nächsten Untier, dessen Kadaver ihn einen Schritt weiter in seiner Quest bringen wird, die er selbst nicht kennt…

An dieser Stelle würde ich eigentlich den Plot von Bloodborne anreißen, doch letzten Endes macht es wenig Sinn für ein Spiel, dessen Geschichte sich in bester Souls-Manier in einen Mantel der Unwissenheit und Mehrdeutigkeit hüllt. Alles was ihr wisst, ist zu Beginn Folgendes: Gerade eben noch wolltet ihr euch in der Stadt Yarnham aufgrund eurer mysteriösen Krankheit behandeln lassen und als nächstes werdet ihr als Jäger eingespannt und streift durch eine Stadt, die aussieht als hätte sich in London das Tor zur Hölle geöffnet. Was genau ihr zur Strecke bringen sollt ist ungewiss, und so bahnt ihr euch euren Weg durch mörderische Wölfe, aufgebrachte Bauern, einfältige Riesen und fleischfressende Raben. Souls-Spieler werden das Gefühl des Mysteriösen jedoch mit offenen Armen willkomen heißen.

bloodborne-header

 

Tanz mit dem Tod

In langsamen Kreisbewegung beäugen sich das vierbeinige Biest und der Jäger in einer Art absurden Tanz. Die Säge in seiner rechten Hand wiegt schwer, sein blutiger Mantel zeugt von vielen Begegnungen mit ähnlichen Gegnern. Mit behänden Streichen verwundet er das Biest, immer leicht zu Fuß, niemals zu lange an einer Stelle. Und dann, kurz vor dem Todesstoß, seine letzte Überraschung als Geschenk für das Ungetüm: Seine Säge klappt sich aus, verdoppelt die Reichweite und streckt die Bestie nieder. Nicht bedeutend, aber dennoch ein kleiner Sieg. Der Jäger hält inne, holt Luft, und schreitet voran. Die Dämmerung hält an, und der Weg ist noch lang…

Weniger mysteriös verhält es sich mit dem eigentlichen Gameplay und das besteht seit jeher aus Kampf und Erkundung. Auch wenn Spieler der spirituellen Vorgänger sich sofort zu Hause fühlen werden, ein paar Kniffe kann Bloodborne dem langsamen und methodischen Kampf aus der Souls-Reihe doch hinzufügen. Das grundsätzliche Moveset, bestehend aus leichtem und schwerem Angriff bleibt ähnlich; auch gilt es wieder, ständig ein Auge auf eure Ausdauerleiste zu haben. In Bloodborne geht es aber vor allem um schnelle Bewegungen und ständiges Ausweichen, denn sowas wie einen Schild oder eine Fähigkeit zum Blocken gibt es nicht. Eher müsst ihr auf volle Offensive setzen und viel Schaden austeilen – natürlich möglichst ohne getroffen zu werden. Das wird noch dadurch unterstrichen, dass ihr bei eingesteckten Treffern für eine gewisse Zeit die Chance habt, einen Teil der verlorenen Lebensenergie zurückzuholen indem ihr selber Treffer landet – eine teuflische Mechanik, stachelt sie doch dazu an rücksichtslos und riskant anzugreifen.

So ganz ohne Schild bleibt eure linke Hand allerdings nicht frei, sondern trägt die meiste Zeit eine Schusswaffe. Bevor ihr euch aber überlegt als Sniper durch Yarnham zu ziehen, solltet ihr lieber nochmal abwarten. Die Knarren machen nämlich wenig Schaden und sind hauptsächlich nützlich um Gegner kurzzeitig aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit dem richtigen Timing eröffnen sich sogar Möglichkeiten für Riposten, die extra viel Schaden machen.   

Insgesamt fühlen sich die Kämpfe angenehm dynamisch an, allerdings auch hektischer als noch in beispielsweise Dark Souls. Ohne die Sicherheit eines Schildes kommt man gerade bei vielen Gegnern oder wenn wenig Platz zur Verfügung steht, in die Verlegenheit, überwältigt zu werden. Die knackige Herausforderung, die die meisten Spieler suchen werden ist also definitiv gegeben, nur werden viele Souls-Veteranen ihren Spielstil deutlich anpassen müssen.

Ebenfalls ungewohnt und wahrscheinlich kontrovers bei Fans beäugt, sind die reduzierten Waffen und Rüstungen. Die wenigen Waffen, die zur Verfügung stehen sind allerdings ziemlich interessant designt: Jede hat nämlich zwei Modi, in denen sie betrieben werden kann, meistens schnell mit kurzer Reichweite oder etwas behäbiger, dafür aber mit langem Arm. Die Modi können während einer Combo gewechselt werden und stellen so einige interessante Moves zur Verfügung, mit denen es sich lohnt zu experimentieren. Zwar bekommt man nicht gerade eine besondere Vielfalt an Waffen geboten, aber solche Exoten wie eine ausklappbare Säge oder ein Gehstock, der sich in eine Peitsche verwandeln kann, bekommt man nicht alle Tage geboten. Aufleveln kann und sollte man seine Waffen natürlich auch, es sei denn man zieht es vor, die Gegner nur leicht zu kitzeln.

Bloodborne-Hills

 

Zwischen Albtraum und Wirklichkeit

Der Jäger hat Schwierigkeiten die Grenzen zwischen Realität und Traum zu unterscheiden. Wie im Fieber scheint er durch diese grässliche Stadt zu hetzen, und immer wieder findet er sich in einem Traum wieder, in dem Ruhe herrscht, in dem er nicht töten muss oder getötet wird. Und auch wenn er weiß, dass es nicht anders geht, er wünscht sich, dieser Traum wäre die Wirklichkeit und umgekehrt…

Die Level, durch die ihr in Bloodborne streift, erinnern in ihrer Struktur an Demon’s Souls. In langen Routen durchquert ihr diese surreale Welt und kommt irgendwann immer an einen bekannten Ort zurück. Dies sind die Momente in denen euch ein Stein vom Herzen fällt, denn dann wisst ihr: Ihr habt eine neue Abkürzung gefunden. Jeder Souls-Spieler kennt dieses Gefühl der Erleichterung, denn dann sind eure Blood Echoes endlich in Sicherheit. Die Blood Echoes sind Bloodbornes Äquivalent zu Seelen und stellen die Währung für alles dar, inklusive das Aufleveln eures Charakters. Das Besondere: Solltet ihr sterben, verliert ihr alle Blood Echoes und müsst diese wieder aufsammeln und zwar am Ort eures Ablebens oder den Gegner erlegen der euch vorher umgebracht hat.

Die konstante Anspannung die euch daher umgibt wirkt auch wieder in Bloodborne seine Wunder und macht jede Expedition in die Tiefen der Level zur Nervensache. Wenn ihr jedoch eine kleine Lampe seht,  wisst ihr, ihr habt es geschafft. Diese sind nämlich die Zugangspunkte zum Traum des Jägers, ein kleines Hub, in dem ihr aufleveln, eure Waffen verbessern und euch zu verschiedenen Leveln  teleportieren könnt.

Grafisch macht Bloodborne einiges her. Die Pferdestärken der PS4 werden angemessen ausgenutzt und äußern sich in hübschen Partikeleffekten, haarigen Monstern und detaillierten Texturen. Die Performance zeigt sich die meiste Zeit stabil, lediglich in manchen Arealen zeigen sich kurze Einbrüche in der Framerate. Sounddesign und Synchronsprecher lassen nichts zu wünschen übrig und gerade Letztere unterstreichen dank prägnantem UK-Akzent das viktorianische Design.

 

Fazit

Es ist interessant, wie unterschiedlich und doch vertraut ein neues Spiel sein kann. Schon von der ersten Minute an fühlt man, wie Hidetaka Miyazakis Hände bei Bloodborne am Werk waren und die Kernzutaten, die schon die Souls-Reihe so gut gemacht haben, sind auch hier enthalten: Das Sterbe-System, die düstere Atmosphäre, die knackige Herausforderung. Und doch gibt das Spiel den alten Konzepten einen neuen Twist, gerade was den offensiven Kampf angeht und die reduzierte, dafür aber exotische Ausrüstung. Diese neuen Kniffe funktionieren allerdings hervorragend und machen Bloodborne zu einem herausragendem Erlebnis dank einer mysteriösen Geschichte, herausfordernden Kämpfen und einer düsteren und doch so interessanten Spielwelt.

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