„Ein Krieg kennt keine Gewinner, sondern nur Verlierer“, sang Hannes Wader schon in seinem Lied „Uns bleibt keine Wahl“ 1983. Dieses Motto hat sich auch der polnische Entwickler 11bit Studios ganz groß auf die Fahne geschrieben. Es ist keine Soldaten- oder Generalsrolle, in die der Spieler in „This War Of Mine“ schlüpft – stattdessen sind es Zivilisten. Ganz normale Menschen, die einfach nur Überleben wollen.

 

This War Of Mine ist ein 2D-Side-Scroller, in dem man anfangs drei, später mehr, Zivilisten in einem Kriegsschauplatz steuert. Das Ziel ist nicht die Invasion zu beenden, einen Befehlshaber zu assassinieren oder einen Atomsprengkopf zu entschärfen. Wesentlich unspektakulärer geht es darum, Essen zu finden, ein Bett zu bauen, und den Kriegsalltag zu bewältigen.

Das Spiel ist in zwei Phasen unterteilt. Tagsüber kann man Aktionen in seiner Zuflucht ausüben. In Sims-Manier gibt man den Überlebenden Aufgaben, wie Werkzeuge bauen und die Unterkunft sicherer oder auch wohnlicher gestalten. Nachts ist es an der Zeit, die umliegenden Gebäude nach nützlichen Ressourcen zu durchsuchen. Dabei muss man sich entscheiden, wie viele Leute Ressourcen sammeln, wer schlafen darf und ob jemand Wache hält.

 

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Vor jedem Beutezug kann sich entschieden werden, welche Lokalität besucht wird. Während man sich vorsichtig von Zimmer zu Zimmer in jedem Gebäude bewegt, muss man abwägen, was man mitnimmt. Braucht man unbedingt Munition und Bauteile für eine Waffe oder nimmt man stattdessen lieber mehr Lebensmittel, Bandagen und Medikamente mit. Das ganze kann sprichwörtlich als Nacht- und Nebelaktion bezeichnet werden: Wer im Krieg überleben will, muss vor allem bedeckt bleiben. Bevor man eine neues Zimmer betritt, muss zur Sicherheit durch das Schlüsselloch gelukt werden. Im betrachteten Raum eröffnet sich uns dann ein begrenztes Sichtfeld, mit dem man das Risiko “Raum betreten” besser abwägen kann.

Soviel erstmal zum groben Aufbau des Spiels. Doch This War Of Mine ist deutlich mehr als ein Überlebenssimulator. Durch die düstere Optik, die Hintergrundmusik und die packende Atmosphäre ist der Puls gerade bei den Beutezügen immer auf 180. Das Spiel schafft Spannung. Es ist anmaßend, ein Computer-Spiel mit einem wirklichen Krieg vergleichen zu wollen. Doch gibt es wohl wenig Videospiele, die der Realität so nahe kommen. Bei meiner ersten Tour durch die fremden, halbdunklen Häuser meldete sich direkt der Geräusch-Sensor: Bewegung im Nebenraum. Obwohl noch tonnenweise Platz in meinem Rucksack war, packte ich die Beine in die Hand und rannte Richtung Ausgang. Trotzdem reichte das, was ich sammelte zumindest für den nächsten Tag aus und darum geht es in This War of Mine. Überleben bis zum nächsten Tag.

 

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So tastete ich mich die nächsten Nächte durch das Haus, Raum für Raum, immer mit der Angst im Nacken, ich könnte jemandem begegnen. Irgendwann traf ich dann tatsächlich jemanden. Zusammengekauert auf dem Boden saß ein alter Mann. Als ich allen Mut zusammen nahm und ihn ansprach, bat er mich um etwas zu Essen. Jemand habe ihm alles geklaut und er hätte nichts mehr übrig. Ein mulmiges Gefühl ging durch meine Magengegend, denn dieser Jemand war ich. Alle Nächte zuvor war ich darauf entsinnt, genug für die eigene Gruppe zu finden, nur um festzustellen, dass ich einem alten Mann alles weggenommen habe. Zurück im Unterschlupf bekam ich dann die Nachricht, dass wir Überfallen wurden. Bis auf ein paar Kleinigkeiten wurde alles gestohlen und ein Mitglied der Gruppe wurde verletzt. Ironie des Schicksals.

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Geschichten wie diese zeigen, was This War of Mine wirklicht ist. Das Spiel schafft es, so emotionale Momente zu erzeugen, dass der Spieler stark erschüttert wird. Während man in anderen Spielen die NPCs fast nicht mehr wahrnimmt, werden sie hier zu realen Personen, mit realen Bedürfnissen und Gefühlen. 11Bit Studios versuchen dem Spieler ein Verständnis dafür zu geben, was es heißt, in einem Kriegsgebiet zu leben und überleben und treffen mit This War of Mine voll ins Schwarze.

 

 

Fazit

This War Of Mine ist kein Triple-A, sondern ein Triple-B Titel: Beeindruckend, Beklemmend, Brilliant. Das Spiel funktiontioniert auf die bestmögliche Art: Es bewegt den Spieler emotional. Wenn NPCs zu Persönlichkeiten werden, wird ein Videospiel zu etwas Größerem. Das polnische Entwicklerstudio schafft bewussten Kontrast zu anderen Kriegsspielen – und erlaubt der Gamer-Szene damit einen atmosphärischen Perspektivenwechsel, der dringend nötig war.

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